Ego shootenGamehelden im Drogenrausch
Sie vögeln, saufen und schmeissen Drogen: Gamehelden sind der Unschuld des Kinderzimmers längst entwachsen. Wir stellen die übelsten unter ihnen vor.

Was macht den Menschen zum Menschen? Denken und fühlen? Mit Sicherheit. Große Leistungen und Heldentaten? Vielleicht. Am menschlichsten wird der Mensch paradoxerweise aber dann, wenn sich die Vernunft verabschiedet und das Bewusstsein von Emotionen und Lust vernebelt wird. Kämpfende, fluchende, depressive und ungesund lebende Menschen zeigen eine Seite, die sie zwar nicht auszeichnet, aber real und echt macht.
Das wissen auch die Gameentwickler. Als Videospiele noch in den Kinderschuhen steckten und vor allem von Kids gespielt wurden, genügte es, wenn die Gamecharaktere simple Helden waren: Unerschrocken traten sie gegen Monster, Dämonen und weitere Übeltäter an und löschten ihnen das binäre Lebenslicht. Damit hatte es sich.
Sie suchen das echte Leben
Doch die Gamefiguren sind der Kinderstube entwachsen – immer mehr Spieler interessieren sich nicht mehr nur für die heile Welt unbefleckter Helden, sondern wünschen sich in Games auch das echte Leben, oder zumindest Spielfiguren, die diesem nachempfunden sind. Dazu gehört, dass die Helden rumvögeln, saufen und sich mit Drogen abschießen.
Während die Gamefiguren ihre sexuellen Aktivitäten auf ein Minimum beschränken, haben sie es faustdick hinter den Ohren, was den Konsum berauschender Substanzen anbelangt. Max Payne kippt zum Beispiel hinter die Binde, dass es selbst hartgesottenen Gamern schwindlig wird, Commander Shepard landet in «Mass Effect 3» nach ein paar Drinks bewusstlos auf dem Sofa einer zwielichtigen Unterweltsdame und John Marston aus «Red Dead Redemption» schafft es nach einer Reihe Drinks nicht mehr die Treppe des Saloons hinauf.
Bis zum Krieg um den Rausch
Auch andere Substanzen sind bei Spielhelden hoch im Kurs. Das postapokalyptische Abenteuer «Fallout 3» ist zum Beispiel voller Drogen. Darunter auch solche, die abhängig machen. Notorisch jenseits der Legalität funktioniert «Grand Theft Auto», wo der Spielheld bisweilen auch als Drogenkurier tätig wird. Wenn der Held im Egoshooter «Bioshock» sich die Substanzen Adam oder Eve spritzt, ist dies ebenso als Sinnbild für den Drogenschuss zu verstehen wie, das begehrte Nectar aus dem Egoshooter «Haze», in dem die Krieger sich um die Droge schlagen. Quasi als Vater aller Dopeheads gilt indessen Geralt of Rivia aus der «The Witcher»-Reihe: Er mischt solange Substanzen und probiert sie an sich selbst aus, bis er entweder total high ist oder ein nützliches Mittel zur Heilung oder mit anderen nützlichen Effekten gefunden hat.
Doch sogar was sich Gamehelden als Gesundmacher präsentiert, erinnert bisweilen an Produkte aus einer illegalen Hanfproduktion - beispielsweise die Heilpflanzen aus «Resident Evil» - oder an Mama’s little helpers: die Psychopharmaka aus Mutters Pillenschrank. Wenn Helden Substanzen zu sich nehmen, die ihnen übermenschliche Kräfte verleihen, die Zeit verlangsamen oder in eine andere Dimension versetzen – welch andere Bedeutung hat dies, als dass sie sich gerade mächtig zugedröhnt haben?
Besser als Gewalt
Genaugenommen sind halluzinogene Mittel aber bereits in der Gamewelt aufgetaucht, als Games diesbezüglich noch als bedenkenlos für Kinder eingestuft wurden. Wie anders können die Pilze aus der «Super Mario»-Reihe verstanden werden, denn als halluzinogene Substanzen? Und selbst der erbarmungslos pillenfressende Pac-Man … – aber lassen wir das.
Fakt ist: Laut der Entertainment Software Association ESA sind in den USA mittlerweile 68 Prozent der Gamer über 18 Jahre alt. Viele wünschen sich deshalb menschliche Spielfiguren, die glaubwürdig sind. Wie besser lässt sich die Menschlichkeit darstellen als durch ihre Schwächen? Eine Aufforderung zum Drogen- und Alkoholmissbrauch soll das Verhalten der Gamehelden indessen nicht sein. Dennoch ist es, genau genommen, besser, als Feinden pausenlos die Rübe wegzupusten.
In unserer Bildershow stellen wir Ihnen die unbarmherzigsten Saufkumpane und Drogenköpfe vor. Aber Vorsicht: Bitte nicht nachahmen.
(L'essentiel Online/Jan Graber)