Juncker & MilleGeheimgespräch doch noch aufgetaucht
LUXEMBURG - «d’Lëtzebuerger Land» hat Auszüge aus dem heimlich aufgezeichneten Gespräch zwischen Ex-Geheimdienstchef Mille und Premierminister Juncker veröffentlicht.

Die Wochenzeitung «d’Lëtzebuerger Land» hat am Freitag einen Auszug aus dem Protokoll des heimlich aufgezeichneten Gesprächs veröffentlicht, das Premierminister Jean-Claude Juncker 2008 mit dem damaligen Chef des Luxemburger Geheimdienstes, SREL, Marco Mille führte. Anlass der Unterhaltung war eine CD, die dem SREL zugespielt worden war. Auf dieser CD soll eine Unterredung zwischen Juncker und Großherzog Henri gespeichert sein. Die Daten sind jedoch verschlüsselt.
Beim Gespräch zwischen Mille und Juncker ist vor allem der Geheimdienstchef zu hören. Juncker selbst spricht recht wenig. Er habe mit Großherzog Henri eigentlich nichts Wichtiges besprochen, sagt der Regierungschef, um den Großherzog nicht nervös zu machen.
Wollte sich der Hof Abhörgeräte beschaffen?
Hintergrund des Treffens zwischen Juncker und Großherzog Henri am Hof waren Gerüchte über eine mögliche Beteiligung von Prinz Jean, dem Bruder des Großherzogs, an der Bommeleeër-Affäre. Mille zufolge könnte das Gespräch am großherzoglichen Hof von Leuten am Hof aufgezeichnet worden sein oder von Personen, die mit diesen verbündet waren. Der Hof habe versucht, sich geheimdienstliche Technik zu besorgen. Möglich wäre dies wohl über den britischen Geheimdienst gewesen, da der Hof zu ihm enge Kontakte habe.
Andere Aufraggeber für die Abhöraktion des Gesprächs zwischen Juncker und Henri könnten aus dem Staatsministerium oder aus der eigenen Partei des Premierministers stammen, meint Mille. Juncker habe dort nicht nur Freunde.
Auch Grüne und Kommunisten abgehört
Insgesamt zeuge das Protokoll des Gespräch zwischen Juncker und Mille von einer allgemeinen Atmosphäre des Misstrauens zwischen Staatsministerium, Geheimdienst und großherzoglichem Hof, schreibt «d’Lëtzebuerger Land». Misstrauen soll auch im Geheimdienst selbst vorgeherrscht haben, könnte doch der frühere Geheimdienstchef Charles Hoffmann selbst von seinen eigenen Leiten abgehört worden sein.
Mit dem Gesprächsprotokoll wird erstmals schriftlich dokumentiert, dass in den 1980er Jahren die Bespitzelung der Kommunistischen Partei zum Hauptbetätigungsfeld des Geheimdienstes zählte. Auch die Grünen seien in ihren Anfangsjahren überwacht worden. Schließlich sagt Mille, dass der Geheimdienst rund 300 000 Karteikarten im Keller habe. Er habe bei Dienstantritt seine Mitarbeiter angewiesen, die Karteikarten nach Namen von Personen zu durchforsten, die gewählte Mandatsträger sind und diese Karten zu zerstören.
Aufregung auf Facebook
Diese Enthüllung der Wochenzeitung erscheinen wenige Stunden vor einer weiteren Sitzung des Geheimdienstausschusses des Parlaments am Freitagnachmittag. Dort soll Premierminister Jean-Claude Juncker die Abgeordneten über besagtes Treffen mit Marco Mille informieren.
Der Kommissionsvorsitzende François Bausch (Déi Gréng) hat bereits auf Facebook angekündigt, dass er sich dort lautstark zu Wort melden wird, weil es in der letzten Kommissionssitzung hieß, das aufgezeichnete Gespräch zwischen Mille und Juncker sei nicht mehr auffindbar.
Die Grünen reagierten «schockiert» auf die Spionage in ihrer Partei. «Wir verstehen nicht, dass solche illegalen Abhöraktionen in einem demokratischen System durchgeführt wurden. Wir sind entsetzt, dass bis heute die politisch Verantwortlichen über diese Aktionen Kenntnis hatten, jedoch weder die Öffentlichkeit noch der seit 2005 existierende parlamentarische Kontrollausschuss über diese Praxis informiert wurden», erklärte Parteipräsidentin Sam Tanson. Ihr Kollege Christian Goebel forderte Zugang zu den Dokumenten, die Déi Gréng betreffen. Die Partei behalte sich rechtliche Schritte vor gegen die Auftraggeber und Macher der Aufzeichnungen.
(L'essentiel Online mittageblatt.lu)