Wahlkampf-PolemikGewalt-Film mit Kindern rüttelt Mexiko auf
Ein Video aus Mexiko zeigt, wie sich Kinder gegenseitig erschießen, überfallen und bestechen. Es ist ein Weckruf der mexikanischen Politik, der nicht alle freut.

Ein Wecker klingelt, ein als Geschäftsmann verkleideter Junge wälzt sich aus dem Bett, raucht eine Zigarette und liest die Morgenzeitung. Er geht auf die Straße und wird überfallen: Knarre an die Schläfe. Schnitt. Die Gangster sind Kinder, die anschließend von einem Kinderpolizisten laufen gelassen werden - gegen Schmiergeld.
Korruption, Gewalt, Drogen - Realität in Mexiko. Das Video «Unbequeme Kinder» (Niños incómodos) im Stile einer Dokumentation mit Kindern als Kidnapper, als korrupte Polizisten und als Drogenschmuggler hat im von Gewalt geplagten Mexiko für Diskussionsstoff gesorgt. Es wurde am 9. April online gestellt und hat bereits über 2,5 Millionen Visits auf YouTube. In dem Film ist zu sehen, wie die Kinder zwischen acht und zwölf Jahren bestechen, sich gegenseitig überfallen und erschießen. Hinter dem Video steckt eine von privaten Unternehmen und Universitäten unterstützte Stiftung.
Am Ende des Films fordern die Kinder die zur Präsidentschaftswahl am 1. Juli antretenden Kandidaten dazu auf, etwas gegen die Gewalt und Korruption im Land zu tun. Alle Kandidaten der großen Parteien lobten den Film am Donnerstag. Der Kandidat der Linken, Andres Manuel Lopez Obrador, findet den Film gut gemacht. Es sei hart, aber leider sei es die Wahrheit. Auch die Kandidatin der Konservativen meinte, das Video sei ein Weckruf, der nicht ignoriert werden könne.
Kindsmissbrauch?
Doch nicht alle befürworteten diese Art von Propaganda: Einige Parlamentarier und Kolumnisten bezeichneten das Wahlvideo als Kindesmissbrauch und forderten ein Verbot des Videos. Das Video mache den Wahlkampf noch schmutziger, schrieb der mexikanische TV-Kolumnist Alvaro Cueva. Verzweiflung und Frustration sei die einzige Botschaft. Das sei letztlich überflüssig: Kein Kandidat wolle allen Ernstes eine Zukunft mit Kriminalität und Kriminellen, wird er auf «Huffington Post» zitiert.
Für Unmut sorgte auch die Tatsache, dass die Protagonisten Kinder sind. Es sei verabscheuend, dass Kinder als Diebe, korrupte Polizisten, Bettler missbraucht werden, sagte ein Abgeordneter. Die Rechte der Kinder würden verletzt. Die Menschenrechtskommission müsse dies abklären, wurde gefordert.
Es sei keineswegs Kindsmissbrauch, wehrte sich Rosenda Martinez, Koordinatorin von «Nuestro México del Futuro»: «Wir hätten es mit Erwachsenen machen können, aber dann wäre es wie jede andere Nachrichtensendung gewesen», sagte sie auf «BBC Mundo». «Kinder repräsentieren am Besten die Zukunft von Mexiko. Wir suchten mit dem Video die Kontroverse.» Das Video werde nicht von YouTube runtergenommen.