Sport & Kunst – Gold für Gedichte, Silber für Symphonien

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Sport & KunstGold für Gedichte, Silber für Symphonien

Bis 1948 wurden Medaillen für musische Disziplinen vergeben. Auch zwei Luxemburger gewannen so zwei mal Gold und einmal Siber.

Eine Olympia-Medaille für Bildhauerkunst, Malerei, Musik, Literatur und Baukunst? Von 1912 bis 1948 gab es genau solche Wettbewerbe bei den Spielen: Seit 1894 hatte sich der französische Baron Pierre de Coubertin für eine künstlerische Erweiterung stark gemacht. Nachdem dies gelungen war, zeichnete er sich für das Gedicht «Ode an den Sport» selbst aus (siehe Bildstrecke). Von wegen «Dabei sein ist alles».

Als die schönen Künste 1912 schließlich ihre olympische Premiere feierten, teilte sich die Schweiz und die USA hinter Frankreich und Italien den dritten Platz im Medaillenspiegel. Eine große Leistung war das aber nicht: Zum einen traten nicht mehr Nationen an, zum anderen wurden von 15 Medaillen in fünf Kategorien bloß sechs vergeben. Insgesamt wurden nur 35 Arbeiten eingereicht, weiß der «Tagesspiegel».

Die Architekten Eugène Monod und Alphonse Laverrière gewannen mit ihrem «Bauplan eines modernen Stadions» mit Gold die einzige Medaille im Bereich Baukunst. Dem Amerikaner Walter Winans gelang ein ganz besonderes Kunststück: Er gewann mit einer Traber-Skulptur im Kunst-Wettbewerb Silber. Doch gleichzeitig trat er auch bei den Sportschützen an und wurde Zweiter. Vier Jahre zuvor in Paris schoss er sich sogar auf den ersten Platz. Er ist einer von nur zwei Olympioniken, die sportlich und auch musisch erfolgreich waren.

IOC-Funktionär erdichtet Silber

1920 wurden von 15 möglichen Medaillen immerhin «nur» vier nicht vergeben. Dieses Mal lieferte Helvetia keine große Kunst ab: In Antwerpen dominierten die belgischen Gastgeber, die sechs von elf Auszeichnungen holten. Auch bei diesen Spielen gewann ein IOC-Funktionär: Der Brite Theodore Cook erschrieb sich mit dem Stück «Olympic Games of Antwerp » die Silbermedaille in Literatur.

Zwei Luxemburger Medaillen in Paris...

In Paris blieben 1924 wieder vier Treppchen leer. In Musik wurden gar keine Medaillen verliehen, in Baukunst gab es kein Gold. Luxemburg holte zwei Ehrungen: Jean Jacoby bekam Gold in Malerei und François Heldenstein Silber in Bildhauerkunst. Monaco wurde für Julien Médecins Entwurf eines Stadions für Monte Carlo geehrt. Dänemark und Irland teilten sich mit je zwei Topplatzierten Rang vier im Kunst-Medaillenspiegel.

Alfréd Hajós ist der zweite Olympionike, der als Sportler wie als Künstler gewann. Er trat als 18-Jähriger bei den ersten Spielen der Neuzeit 1896 in Athen an und gewann für Ungarn zwei Mal Gold im Schwimmen. Hajós wurde Architekt, reichte 1924 einen Stadionentwurf ein und holte zusammen mit Dezső Lauber Silber im Bereich Baukunst. Lauber war als Tennisspieler ebenfalls bei Olympischen Spielen, kam 1908 aber nicht aufs Treppchen.

...und eine weitere in Amsterdam

1928 finden die Spiele in Amsterdam an – und drei Mal dürfen Sie raten, welche Nation dieses Mal im Kunst-Medaillenspiegel oben stand. Hinter den Niederländern landeten Deutschland und Frankreich. Der Maler Jean Jacoby, der bereits in Paris Gold gewonnen hatte, wiederholte diese Spitzenleistung mit seinen Aquarellen und Zeichnungen in den Niederlanden.

Der Wettbewerb war populär geworden: Inzwischen wurden über 1000 Arbeiten angemeldet. Insgesamt konnten 39 Medaillen erstritten werden: Bei Baukunst wurde etwa zwischen städtebaulichen und architektonischen Entwürfen unterschieden, bei Literatur zwischen Lyrik, Drama und epischen Werken.

1936: Totaler Sieg im Medaillenspiegel

Bei den Spielen in Los Angeles 1932 wurden nur noch 27 Medaillen verliehen und die USA sicherten sich die meisten davon. 1100 Werke aus 31 Ländern wurden eingesandt. Bei Musik und Literatur fielen die Unterteilungen weg – und trotz dieser Kürzung wurde bei Musik nur eine Silbermedaille verliehen, die der Tscheche Josef Suk für seinen Symphoniemarsch «Ins neue Leben» ergatterte. Die Schweiz ging dagegen leer aus.

Weil die Juroren in der olympischen Kunst-Disziplin zu einem guten Teil aus den Gastgeberländern kamen, lagen diese im Medaillenspiegel stets ganz vorne. Das war 1936 in Berlin natürlich nicht anders, doch ist die nationale Subjektivität besonders frappant. Hinter dem Deutschen Reich (total 12 Medaillen) folgte die Achse Italien (5) und Österreich (4). Platz vier teilten die neutralen Schweizer und Finnen (je eine Gold). Auch ausgezeichnet: der spätere Verbündete Japan (zwei Mal Bronze) und ein germanophiler US-Landschaftsarchitekt (Silber).

Gold für Arosa

Bei erreichbaren 45 Auszeichnungen wurden 13 nicht vergeben. In Berlin war das Propagandaministerium von Joseph Goebbels für die Kunst zuständig, dass die Bewertungsausschüsse gezielt mit regimetreuen Experten besetzte, wie jüngst der «Spiegel» berichtete.

1949 beschloss das olympische Komitee, Ausstellungen nur noch begleitend zu den Spielen durchzuführen. Erfolgreichster Künstler insgesamt war der dänische Autor Josef Petersen, der 1924, 1932 und 1948 Auszeichnungen holte. Die musischen Olympioniken haben gezeigt, dass Sport manchmal doch ganz große Kunst ist.

(Philipp Dahm / L'essentiel Online)

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