Iso Grifo GL Series I by BertoneGreif mit großem Herzen
Der Greif, das Fabelwesen aus der Mythologie, dürfte noch seltener gesichtet werden als der Iso Grifo – aber auch er gilt für viele Liebhaber klassischer Fahrzeuge als Fabelwesen.

Der Greif – oder Grif(o) – ist vor allem aus der griechischen Mythologie bekannt. Der Sage nach vereint er den Körper eines Löwen mit Flügeln und den Kopf eines Raubvogels mit einem mächtigen Schnabel. Die Namen Giotto Bizzarini, Giorgio Giugaro, Nuccio Bertone und Renzo Rivolta sind aber kein Mythos, und so entstand der Iso Grifo, der Gran Turismo aus Italien mit dem großen V8-Herzen.
Nach dem zweiten Weltkrieg machte Rivolta mit seiner Firma Iso-Thermos sein Vermögen mit der Produktion und dem Verkauf von Kühlschränken und danach mit Motorrollern und dem Kabinenroller Iso Isetta. Der kugeligen Kleinstwagen wurde in Deutschland von BMW und in Frankreich von Velam in Lizenz produziert und ist noch heute weltbekannt.
Ganz oben mit dabei
Ganz am anderen Ende der Skala spielte der Iso Grifo in der Liga eines Lamborghini 400 GT 2+2, Ferrari 330 GT oder der Coupés von Lamborghini. Dank des Chevrolet-Corvette-V8-Motors mit 5,4 Liter Hubraum und 280 PS konnte der elegante Italiener mit einer unkapriziösen Technik auftrumpfen. Kräftige 488 Newtonmeter standen schon bei 3600 U/min zur Verfügung, und der 1200 Kilogramm leichte Sportler konnte je nach gewählter Achsübersetzung auf schwindelerregende 250 km/h oder mehr beschleunigt werden.
Verzögert wurde mit Scheibenbremsen an allen vier Rädern, und geschaltet wurde wahlweise automatisch oder manuell. Unter der eleganten Karosserie gab es aber noch weitere Leckerbissen. Beim Fahrwerk kamen vorne Trapez-Dreiecksquerlenker und hinten eine De-Dion Achse mit starrem Achsrohr und Längsschubstreben zum Einsatz.
Mehr ist besser
Ab 1968 wurde für die leistungshungrige Kundschaft ein Motor mit sieben Liter Hubraum angeboten, genannt «7 Litri». Der 427 cui Big Block der Corvette mass 6998 ccm Hubraum und wurde in unserem porträtierten Grifo nachgerüstet. Die Leistung stieg damit auf 406 SAE PS (knapp 325 DIN PS) und rund 622 Newtonmeter, die bereits bei 3600 U/min auf die Kurbelwelle gewuchtet wurden.
Das war damals eine deutliche Ansage und gehört auch heute noch in die Kategorie der Supersportwagen. Die imposanten Lüftungsschlitze auf der Motorhaube waren nötig, um Luftfilter und Kühler unterzubringen und wurden «Penthouse» genannt.
Zu teuer, zu durstig
Die Ölkrise zu Beginn der 1970er-Jahre machte nicht nur den großvolumigen Achtzylindermotoren weitgehend den Garaus, sondern war auch mit schuld am Ende der Marke Iso. Renzo Rivoltas Luxus-Sportler waren zu teuer und vor allem zu durstig.
In der elfjährigen Bauzeit von 1963 bis 1974 wurden vom aus heutiger Sicht kompakten Grifo (4430 mm Länge und 1770 mm Breite) weniger als 500 Stück hergestellt. Das vorgestellte Fahrzeug verfügt über das seltene, zweiteilige «Pavesi»-Sonnendach, mit dem der Grifo zum offenen Sportler wird. Nun kommt einer der seltenen Vögel an der RM/Sotheby's Auktion «The Elkhart Collection» unter den Hammer.
(L'essentiel/Daniel Koch)