VerkehrssicherheitHandy-Verbot am Steuer? Alles Unsinn!
LUXEMBURG - Es gibt keinen Grund, das Telefonieren am Steuer zu verbieten. Zu diesem Schluss kommen schwedische Verkehrsexperten. In Luxemburg sieht man dies anders.

Das Telefonieren mit einer Freisprecheinrichtung ist in Luxemburg nicht verboten. Dennoch lenkt dies vom Fahren ab.
Das Schwedische Straßen- und Verkehrsforschungsinstitut (VTI) sorgt mit ungewöhnlichen Erkenntnissen für Kopfschütteln. In einer von der schwedischen Regierung in Auftrag gegebenen Studie kommen die staatlichen Verkehrsexperten zu dem Schluss, dass ein generelles Handy-Verbot beim Autofahren keinen Sinn mache. «Wir haben herausgefunden, dass ein solches Gesetz nicht hilft», sagte eine VTI-Sprecherin gegenüber dem schwedischen News-Portal «The Local». Begründung: Zum einen würden sich die Leute nicht an ein Handy-Verbot am Steuer halten. Zum anderen sei bisher nicht wissenschaftlich nachweisbar, ob das Telefonieren das Unfallrisiko tatsächlich erhöhe. Klar sei aber, dass die Fahrleistung abnehme.
Besser informieren
Es sei zwar erwiesen, dass die Fahrleistung bei gleichzeitiger Verwendung eines Mobiltelefons sinke, schreiben die Wissenschaftler. «Dennoch können wir aufgrund der heutigen Datenlage nicht eindeutig sagen, wie und ob die Verkehrssicherheit (bezogen auf die Zahl der auftretenden Unfälle) wirklich beeinträchtigt wird.»
Die Schweden behaupten, dass ein generelles Handy-Verbot mittel- und langfristig nichts bringe. Spätestens ein Jahr nach der Einführung sei die Wirkung dahin und die Autofahrer würden sich nicht mehr daran halten. Vielmehr sollten die Verkehrsteilnehmer besser informiert und geschult werden.
Keine Feldstudie
Hier gilt es anzumerken, dass keine eigenen Forschungsresultate gewonnen wurden. Vielmehr wurden mit einer umfangreichen Literaturstudie die internationalen Forschungsergebnisse zusammengestellt und analysiert.
Die Schlüsse stehen in krassem Widerspruch zu Erkenntnissen aus anderen Ländern. Paul Hammelmann, Präsident der Sécurité Routière in Luxemburg, sieht die Studie daher kritisch. «Es ist nicht richtig, dass das Telefonieren am Steuer keine Gefahr darstellt», erklärt er. So geht auch die schwedische Studie davon aus, dass andere Verkehrsteilnehmer achtgeben und so mancher Fahrfehler des telefonierenden Autofahrers dadurch ausgeglichen wird.
Hammelmann teilt jedoch die Einschätzung, dass viele Autofahrer das bereits in Luxemburg bestehende Handy-Verbot am Steuer nicht respektieren. «Wenn systematisch kontrolliert würde, würden sich die Leute daran halten und es käme zu einem Mentalitätswandel», sagte er auf Anfrage von «L'essentiel Online».
Freisprech-Einrichtungen?
Die Schweden betrachten auch den Einsatz von Freisprechanlagen kritisch. Die meisten EU-Länder würden zwar die Anwendung solcher Anlagen vorschreiben, doch nirgendwo in Europa sei das Telefonieren beim Fahren vollständig verboten. Während des ersten Jahres nach Inkrafttreten einer solchen Vorschrift sei ein gewisser Erfolg messbar – doch dann griffen die Autofahrer wieder zum Handy.
Es gebe keine Hinweise darauf, dass Freisprecheinrichtungen das Risiko im Vergleich zu handgehaltenen Telefonen verringere. Trotzdem glaube ein großer Prozentsatz der Autofahrer, dass die Benutzung von Freisprechanlagen sicherer sei. Ein Irrglaube.
Albanien, Malta ...
Doch will auch Paul Hammelmann die Freisprechanlage nicht vollkommen aus dem Auto verbannen. «Eigentlich müsste das Telefonieren am Steuer ganz verboten werden, außer bei Notfällen. Wir gehen allerdings nicht so weit, weil das im Ausland auch noch nicht durchgesetzt wurde.» Immerhin sei von Seiten des Verkehrsministeriums geplant, das Telefonieren am Steuer künftig nicht nur wie gehabt mit einer Geldstrafe von 74 Euro zu ahnden, sondern künftig auch mit dem Abzug eines Punktes.
In Schweden gibt es politische Bemühungen, ein generelles Handy-Verbot einzuführen. Noch rangieren die Skandinavier aber auf der Liste jener Staaten, die sogar das Telefonieren und das Schreiben von SMS am Steuer tolerieren. Die weiteren Handy-am-Steuer-Länder sind Albanien, Moldawien, Malta und Serbien, wie «The Local» berichtet.
Die Studie ist hier als PDF-Dokument abrufbar.
(ks/L'essentiel Online/dsc)