Merkel kritisiert Tafel – Hier bekommen nur Deutsche gratis Essen

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Merkel kritisiert TafelHier bekommen nur Deutsche gratis Essen

Die Essener Tafel nimmt seit Mitte Januar nur noch Neukunden mit deutschem Ausweis auf. «Nicht gut», rügt Kanzlerin Angela Merkel. Jetzt hält der Verein eine Krisensitzung ab.

Aufgrund der Zunahme von Flüchtlingen sei der «Anteil ausländischer Mitbürger bei unseren Kunden auf 75 Prozent angestiegen», erklärte die Essener Tafel im Dezember. Die Einrichtung sehe sich gezwungen, «zurzeit nur Kunden mit deutschem Personalausweis aufzunehmen». Umgesetzt wurde die Entscheidung Mitte Januar.

Jetzt hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reagiert. Sie lehnt Aufnahmestopps für Ausländer wie im Fall der Essener Tafel ab. «Da sollte man nicht solche Kategorisierungen vornehmen», sagte sie am Montagabend in einem Interview mit «RTL aktuell». Dies sei «nicht gut», zeige aber «auch den Druck, den es gibt». Sie hoffe auf «gute Lösungen», «die nicht Gruppen ausschließen». Die Debatte über die Essener Tafel habe zugleich gezeigt, «wie viele Menschen auf so etwas angewiesen sind».

Am Dienstag will der Vorstand der Essener Tafel zu einer Krisensitzung zusammenkommen und über mögliche Konsequenzen beraten. Über den Inhalt wurden keine Angaben gemacht. Wahrscheinlich ist, dass der Vorstand des Vereins alternative Möglichkeiten bespricht, die Essensausgabe zu regulieren.

Tafel-Chef: «Einfach nur wieder gerecht verteilen»

Dem Statement der Kanzlerin war teils heftige Kritik über das Vorgehen der Essener Tafel vorausgegangen. Der paritätische Gesamtverband etwa sprach von einer «ethnischen Diskriminierung», die sofort beendet werden müsse.

Der Vorsitzende der Essener Tafel, Jörg Sartor, verteidigte die Maßnahme. Diese habe nichts mit Ausländerfeindlichkeit zu tun. Es solle einfach nur wieder gerecht verteilt werden. Zuletzt seien immer weniger Einheimische gekommen, gerade ältere Frauen hätten sich von jungen, fremdsprachigen Männern abgeschreckt gefühlt. Auch alleinerziehende Mütter seien immer häufiger weggeblieben. Auf der Website des Tafel-Dachverbands äußerte er zudem die Hoffnung auf eine schnelle Besserung der Lage.

Polizei verfolgt Graffiti-Schmierereien

In der Nacht zum Sonntag haben Unbekannte Graffiti auf Fahrzeuge und Türen der Hilfseinrichtung geschmiert. Nach Polizeiangaben wurden die Worte «Nazis» und «Fuck Nazis» auf sechs parkte Autos und Türen der Essener Tafel aufgesprüht.

Die Polizei und der Staatsschutz nahmen Ermittlungen auf. Ein Zusammenhang der Schmierereien mit der Entscheidung der Essener Tafel, zunächst nur noch Bedürftige mit deutschem Pass neu in ihre Kundendatei aufzunehmen, sei «nicht ausgeschlossen», sagte ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur AFP.

Die rund 930 Tafeln in ganz Deutschland verteilen Lebensmittel, die beispielsweise Supermärkte gespendet haben. Wer Kunde bei einer Tafel werden will, muss seine Bedürftigkeit nachweisen, etwa über einen Hartz-IV-Bescheid.

(L'essentiel/kko/afp)

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