Schlacht um Mariupol: «Hölle auf Erden» – Ukrainischer Kommandant bittet in Appell um Hilfe

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Schlacht um Mariupol«Hölle auf Erden» – Ukrainischer Kommandant bittet in Appell um Hilfe

Laut dem Kreml haben die russischen Truppen die Hafenstadt, die seit Beginn des Krieges Schauplatz erbitterter Kämpfe ist, größtenteils eingenommen. Weiterhin harren Tausende ukrainische Kämpfer und zahlreiche Zivilisten in einem Stahlwerk aus.

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Sergej Wolyna, nach eigenen Angaben Kommandant einer Marinebrigade, bittet in einem Facebook-Post um internationale Hilfe für die in Mariupol eingeschlossenen Menschen.

Sergej Wolyna, nach eigenen Angaben Kommandant einer Marinebrigade, bittet in einem Facebook-Post um internationale Hilfe für die in Mariupol eingeschlossenen Menschen.

Facebook/Sergej Wolyna
Die Stadt ist größtenteils von den russischen Truppen besetzt, in einem Stahlwerk sollen aber weiterhin Tausende ukrainische Soldaten sowie unzählige Zivilisten ausharren.

Die Stadt ist größtenteils von den russischen Truppen besetzt, in einem Stahlwerk sollen aber weiterhin Tausende ukrainische Soldaten sowie unzählige Zivilisten ausharren.

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Laut Wolyna sind die Soldaten und Zivilisten ohne Wasser und Strom, auch medizinische Güter zur Pflege der Verwundeten fehle.

Laut Wolyna sind die Soldaten und Zivilisten ohne Wasser und Strom, auch medizinische Güter zur Pflege der Verwundeten fehle.

REUTERS

Der ukrainische Kommandant Sergej Wolyna hat auf Facebook einen Hilferuf veröffentlicht, in dem er um Unterstützung für die in Mariupol eingeschlossenen ukrainischen Truppen und Zivilisten bittet. Seit über 50 Tagen würden die Verteidiger die Stadt gegen Bombardements, Raketenangriffe und Vorstöße der gegnerischen Bodentruppen schützen, schreibt Wolyna, der nach eigenen Angaben die 36. Marinebrigade der ukrainischen Armee kommandiert.

«Hunderttausende zivile Geiseln»

«Jeden Tag kämpfen wir erbittert und halten die Invasoren zurück. Mariupol ist immer noch eine ukrainische Stadt. Aber wir brauchen eure Hilfe», schreibt der Kommandant auf Facebook. Die russischen Soldaten hätten die Stadt teilweise ringförmig eingenommen und dabei «Hunderttausende Zivilisten» als Geiseln genommen. Die ukrainischen Soldaten teilen sich die Bunker mit Frauen und Kindern, die vor den Truppen des Kremls geflohen sind, wie t-online berichtet.

In seinem Appell bittet Wolyna nebst einer sicheren Evakuation der derzeit vor Ort eingeschlossenen Zivilisten auch um medizinische Güter. «Jeden Tag sterben Verwundete qualvoll, weil Dinge wie Medikamente, Desinfektions- oder Narkosemittel schon vor langer Zeit ausgegangen sind», so Wolyna. Nebst den täglichen Gefechten mit den russischen Besatzern müssten sich seine Leute auch noch um über 1000 Zivilisten kümmern, die in der Stadt festsitzen. In einem Brief an Papst Franziskus beschreibt Wolyna Mariupol als «die Hölle auf Erden» und bittet das Oberhaupt der katholischen Kirche um Hilfe.

Der Kommandant fordert deshalb Politiker, Regierungen und geistliche Persönlichkeiten in der ganzen Welt auf, die Evakuation von Mariupol zu unterstützen. Gleichzeitig wirft er dem Kreml Wortbruch bei den humanitären Korridoren vor. Obwohl diese von beiden Seiten gutgeheißen waren, hätten die russischen Truppen Zivilisten bei der Flucht aus der Ukraine angegriffen und teils sogar getötet.

Auch dem Versprechen Russlands nach einem «grünen Korridor», mit dem die in Mariupol verbleibenden Truppen die Stadt gefahrlos verlassen können sollen, traut der Kommandant nicht. «Es besteht kein Zweifel, dass es sich dabei um eine Täuschaktion handelt, um die ukrainischen Truppen kampflos zu zerstören», schreibt Wolyna in seinem Post.

«Kämpfen bis zum letzten Tropfen Blut»

In seinem Hilferuf fordert Sergej Wolyna auch schwere Waffen, um den russischen Belagerungsring zu durchbrechen. Er ruft die USA und die EU dazu auf, diese zur Verfügung zu stellen, um die verbleibenden ukrainischen Soldaten und Zivilisten zu retten. «Mariupol kann gerettet werden. Wir sind bereit, bis zum letzten Tropfen Blut zu kämpfen. Um dies zu tun, müssen wir aber sicher sein, dass die Welt alles in ihrer Macht Stehende für uns getan hat», schließt der Kommandant seinen Appell.

Mariupol ist seit dem 1. März vollständig von russischen Truppen eingeschlossen und beinahe komplett erobert. In der weitgehend zerstörten Stadt sollen noch mehr als 100.000 Zivilisten ausharren. Mehrere Versuche der ukrainischen Regierung, eine organisierte Evakuierung aus der Stadt zu vereinbaren, scheiterten. 

(L'essentiel/Benedikt Hollenstein)

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