Jean-Claude Juncker im Interview: «Ich hasse die extreme Rechte und die Parteien, die andere ablehnen»

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Jean-Claude Juncker im Interview «Ich hasse die extreme Rechte und die Parteien, die andere ablehnen»

LUXEMBURG – Der ehemalige Präsident der Europäischen Kommission und frühere luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker ist die ganze Woche über in der «Story» von L'essentiel Radio zu Gast und resümiert über das vergangene Jahr.

Jean-Claude Juncker erzählt von seiner Begegnung mit der Queen und seiner Meinung zu Joe Biden.

Jean-Claude Juncker erzählt von seiner Begegnung mit der Queen und seiner Meinung zu Joe Biden.

AFP

In Folge drei der «Story» zieht der ehemalige Premier Luxemburgs Bilanz über das vergangene Jahr. Dabei spricht er über den Tod von Königin Elizabeth, die Unruhen in der britische Politik, dem Vorstoß rechter Kräfte in Europa und dem politischen Umbruch in den USA. Zu Ehren der verstorbenen Königin – die er mehrmals getroffen hat – erinnert er an eine Anekdote: «Ich habe sie in lebhafter Erinnerung behalten, ich glaube nicht, dass sie das auch getan hat, obwohl ich sie zum Lachen bringen konnte», erklärt er und erinnert sich an einen Austausch im Buckingham Palace. «Sie fragte mich, wie ich das Treffen empfunden habe? Als Reaktion auf meine Antwort ‹nicht gut› lachte sie wie ein junges Mädchen», so Juncker.

Auch über die politische Instabilität im Vereinigten Königreich hat sich der ehemalige Regierungschef des Großherzogtums im Interview geäußert: «Ich kann die Anzahl der britischen Premierminister, die ich je kennengelernt habe, nicht mehr zählen. Es ist eine Katastrophe, es ist ein Land ohne Regierungsautorität. (...) Die Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union haben sich verschlechtert, wie ich es vorausgesagt habe (...)», lautet das bittere Resümee des ehemaligen EU-Kommissionspräsidenten.

Darüber hinaus hat sich Jean-Claude Juncker besorgt über den Anstieg nationalistischer Bewegungen in Europa im Laufe des Jahres 2022 geäußert: «Das beunruhigt mich sehr. Um ehrlich zu sein – und ohne zu übertreiben – hasse ich die reine und harte extreme Rechte. Es sind Parteien der Ablehnung gegenüber Anderen und solche, die gegenüber denjenigen, die von weiter weg kommen, eine Haltung der Intoleranz einnehmen. Wir müssen den Schlüssel finden, um dieser beunruhigenden Entwicklung ein Ende zu setzen».

Folge vom 10. Januar:

In der zweiten Folge von «Story» wurde Jean-Claude Juncker gebeten, sich zu den aktuellen Ereignissen in den USA zu äußern, insbesondere in Bezug auf das Abtreibungsverbots in mehreren US-Bundesstaaten. Im vergangenen Sommer hatte der Oberste Gerichtshof – das höchste Gericht des Landes – den bundesstaatlichen Schutz des Rechts auf Abtreibung aufgehoben und es den einzelnen Bundesstaaten überlassen, Gesetze zu diesem Thema zu erlassen. «Das schockiert mich, denn die jüngsten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs der USA sind nicht im Sinne der emanzipatorischen Geschichte und der Rechte der Frauen», so der Politiker.

Zu den Ergebnissen der vergangenen US-Zwischenwahlen befragt, ging Jean-Claude Juncker vor allem auf die aktuelle Präsidentschaft von Joe Biden ein. «Biden – der ein Freund ist – hat eine sehr schwierige Aufgabe. Die Tatsache, dass er ins Weiße Haus eingezogen ist, bedeutet nicht zwangsläufig eine Umkehrung der Vergangenheit. Aber der Unterschied zwischen Trumps ‹America First› und Bidens ‹Buy American› ist nicht groß (...). Abgesehen davon ist Biden ein angenehmerer Typ, mit dem Europa einen konstruktiven Dialog aufgebaut hat. Ganz im Gegenteil zu dem, was wir unter Donald Trumps Präsidentschaft erlebt haben», analysiert der ehemalige Spitzenpolitiker.

Folge vom 9. Januar:

Der ehemalige Staatsmann Jean-Claude Juncker – der die ganze Woche über Gast bei «Story» von L'essentiel Radio war, stellte sich den Fragen von Jean-Luc Bertrand. Nach dem Korruptionsskandal im Europäischen Parlament befragt, entgegnete der ehemalige Präsident der Europäischen Kommission: «Ich verstehe überhaupt nicht, warum die Katarer, von denen ich glaube, dass sie es waren, es für richtig hielten, eine Reihe von Europaabgeordneten zu bestechen», sagte er und erinnerte gleichzeitig an die begrenzten Kompetenzen der Institution in diesen Angelegenheiten. «Das ist unbeschreiblich nutzlos», beklagt Juncker.

Auf die gerade zu Ende gegangene Weltmeisterschaft im Golfemirat angesprochen, erzählt der ehemalige Premier, dass er überrascht gewesen sei, über die Entscheidung der Fifa, Katar den Zuschlag für die Ausrichtung der Fußball-WM zu erteilen. «Ich habe diese Entscheidung nicht verstehen können, das habe ich dem Fifa-Präsidenten (damals Sepp Blatter) auch gesagt, als ich mit ihm aus anderen Gründen im Oktober 2014 in Australien war», erklärt er und fügt hinzu: «Ich fühle mich unwohl, wenn ich sehe, wie die europäischen Staats- und Regierungschefs, die Energie- und Wirtschaftsminister und andere vor den Behörden in Katar auf die Knie gehen», prangerte er an. Er sehe dahinter eine Form der Heuchelei.

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