Rätsel in AustralienIhr Fuß tauchte vor Jahren auf – erst jetzt wird Melissa für tot erklärt
Die Australierin Melissa Caddick ist vor zweieinhalb Jahren verschwunden, Monate später entdeckten Spaziergänger ihren Fuß am Strand. Dennoch bestätigten die Behörden erst jetzt, dass die Betrügerin wohl tot ist.
- von
- Karin Leuthold
Das mysteriöse Verschwinden der 49-jährigen Melissa Caddick stellt die australische Polizei vor ein Rätsel: Caddick verschwand aus ihrem Luxusanwesen in Sydney, rund drei Monate später wurde ihr teilweise verwester Fuß an einem abgelegenen Strand 500 Kilometer südlich der Stadt gefunden. War es ein Suizid? Bis heute ist nur eines sicher: Elizabeth Ryan, stellvertretende Gerichtsmedizinerin des Bundesstaates New South Wales, kam nach langwierigen Ermittlungen am Donnerstag zum Schluss, dass Melissa Caddick tot ist.
Die Frau wurde am 12. November 2020 zuletzt gesehen, als Beamte der Finanzaufsichtsbehörde am frühen Morgen eine Razzia in ihrem Haus im schicken Vorort Dover Heights durchführten. Danach sei sie joggen gegangen, sagte ihr Ehemann Anthony Koletti zur Polizei. Ihr Auto und alle ihre persönlichen Gegenstände ließ die Frau zurück. Erst 30 Stunden später meldete Koletti seine Frau als vermisst.
Bis zu 18,2 Millionen Euro mit Schneeballsystem gewonnen
Zu dem Zeitpunkt gingen die Behörden dem Vorwurf nach, Caddick habe acht Jahre lang ein Schneeballsystem betrieben und dabei Gelder im Wert von 20 bis 30 Millionen australische Dollar (umgerechnet zwischen 12,1 Millionen bis 18,2 Millionen Euro) von mehr als 60 Anlegern erbeutet – darunter Freunde und Familienmitglieder –, um ihren prunkvollen Lebensstil zu finanzieren. Caddick gönnte sich Reisen in Privatjets, Luxusautos, Designerkleider und teuren Schmuck.
Ihre Methoden waren «nicht besonders kompliziert», wie die Ermittler und Ermittlerinnen erklärten. Die Betrügerin gab sich als Finanzberaterin aus und gab gegenüber ihren Kunden und Kundinnen an, das Geld in Anlagen investiert zu haben. Die angeblichen Gewinne wies sie mit gefälschten Handelsunterlagen aus. Wenn neue Kunden Caddick Geld zum Investieren gaben, zahlte sie einen Teil als Dividende an bestehende Kunden aus, bevor sie den Rest für sich behielt.
Caddick ist weg – so auch die Millionen
Nach Caddicks Verschwinden verfolgte die Polizei zunächst zwei Theorien: Entweder war Caddick noch am Leben oder sie war untergetaucht, um der Justiz zu entgehen, oder sie hatte sich das Leben genommen. Als ihr Fuß auftauchte und eine DNA-Analyse die Identität der Frau bestätigte, gingen auf Social Media die wildesten Theorien um: Caddick könnte von einem Hai verschluckt worden sein oder sie habe sich selbst den Fuß abgetrennt, um die Polizei auf eine falsche Spur zu locken.
Gerichtsmedizinerin Ryan vermutet, dass die Razzia an jenem Morgen vor knapp zweieinhalb Jahren «wahrscheinlich ein katastrophales Mass an Scham und Verzweiflung» bei Melissa Caddick ausgelöst hat.
Der Fall werde wohl ungeklärt bleiben, meint Ryan – ebenso wie das Verschwinden der Millionen ihrer Kundschaft, die bis heute ihr investiertes Geld nicht wiedersah.