«Nanny State Index» – In Luxemburg ist Party-Machen noch erlaubt

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«Nanny State Index»In Luxemburg ist Party-Machen noch erlaubt

LUXEMBURG – Alkohol, Zigaretten, Fast Food: Viele EU-Länder wollen ihre Bürger durch Steuern und Verbote zu gesünderen Menschen erziehen. Luxemburg zeigt sich dagegen liberal.

Die Freuden des Alltags sind leider oft ungesund. Ein paar Gläser Wein am Abend, die Zigarette nach dem Sex, eine fettige Portion Pommes Frites als Seelennahrung – geht es nach den Regierungen vieler EU-Länder, sollten sich deren Bewohner diese Laster abgewöhnen. Mit Steuern, Verboten, Warnungen und anderen regulierenden Maßnahmen soll den Bürgern der Genuss gesundheitsgefährdender Substanzen madig gemacht werden.

Der (nicht ganz ernst gemeinte) «Nanny State Index» stellt diese Staaten nun an den Pranger. Er basiert auf Recherchen des Ökonomen Christopher Snowdon. Der Brite hat bewertet, wie tolerant die 28 EU-Länder in Sachen Tabak, Alkohol, Junk Food und E-Zigaretten sind. An der Spitze der «Nanny States», der sogenannten Bevormundungsstaaten, steht... Finnland! Warum? Finnland nimmt seine Bürger vor allem durch hohe Steuern auf Alkohol, Tabak, Schokolade und gesüßte Getränke an die Kandare. Außerdem verbietet das Land E-Zigaretten, TV-Werbung für Bier und Wein ist erst ab 22 Uhr erlaubt. Aber es wird noch doller: Der Staat hat das Monopol auf den Verkauf von Alkohol. Und: Happy Hours sind verboten!

Auf Platz zwei und drei der Spaßtöterländer folgen Schweden und Großbritannien. Die Briten erheben EU-weit die höchsten Steuern auf Wein und Zigaretten, das Rauchverbot wird nirgendwo drakonischer durchgesetzt. Lediglich in Sachen E-Zigaretten zeigt sich das Vereinigte Königreich liberaler als viele andere EU-Länder.

Partymeile Luxemburg

Und was ist mit Luxemburg? Laut «Nanny Index» ist das Großherzogtum offenbar eine der Partymeilen schlechthin. Insgesamt erreicht Luxemburg die drittbeste Platzierung, hinter Deutschland und Tschechien. Besonders freizügig gilt das Großherzogtum in Sachen E-Zigarette und Junk Food. «Luxemburg hat einige relativ triviale Restriktionen, was Werbung für Alkohol und Tabak angeht», heißt es in dem Bericht von Snowdon. «Rauchen ist in Zigarren-Bars und Raucherräumen erlaubt.» Es sei legal, E-Zigaretten zu bewerben, zu verkaufen und zu nutzen, die Steuern auf Tabakprodukte liegen im EU-Durchschnitt, seien im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt aber gering. Die Steuern für Bier und Spirituosen sind niedrig.

Spitzenreiter Tschechien wird von den Autoren der Studie als «Himmel der Freiheit» bezeichnet. Es gibt keine Steuer auf Wein, die Steuern für Bier und Zigaretten sind im Vergleich niedrig. Barbetreiber können selbst entscheiden, ob sie das Rauchen verbieten oder nicht.

Deutschlands geringer «Bevormundungsgrad» resultiert vor allem aus niedrigen Alkoholsteuern und der erlaubten Werbung für alkoholische Getränke. E-Zigaretten unterliegen keinerlei Restriktionen und auch der Zigarettenautomat ist in Deutschland noch nicht verbannt worden.

«Deprimierende Lektüre»

Für Studienleiter Christopher Snowdon vom IEA sind die Ergebnisse laut Telegraph «eine deprimierende Lektüre für diejenigen unter uns, die wollen, dass sich die Regierung aus unserem Privatleben heraushält. Wenn Sie nicht gerade ein abstinenter, nicht rauchender Vegetarier sind, sollten Sie in diesem Sommer nach Deutschland oder nach Tschechien gehen.» Oder eben nach Luxemburg.

Das IEA verweist im Rahmen der Studie zudem darauf, dass all die Maßnahmen nicht viel bringen würden. Ein hoher Nanny State Index beschere einem Land nicht zwingend eine höhere durchschnittliche Lebenserwartung. Demnach wird in Ländern mit scharfen Alkoholgesetzen nicht weniger Alkohol konsumiert, strenge Tabakregulierung führe nicht zu weniger Rauchern.

(sen/L'essentiel/mlr)

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