Krise weitet sich aus – Irland auf Ramschniveau abgestuft

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Krise weitet sich ausIrland auf Ramschniveau abgestuft

Nach Griechenland und Portugal hat die mächtige Ratingagentur Moody's nun auch Irland auf Ramschniveau herabgestuft. Unterdessen planen die EU-Chefs einen Sondergipfel.

Aus sorge um den Euro wollen sich die EU-Regierungschefs am Freitag zum Sondergipfel treffen.

Aus sorge um den Euro wollen sich die EU-Regierungschefs am Freitag zum Sondergipfel treffen.

DPA

Für das hoch verschuldete Irland dürfte es nach der Herabstufung nun noch schwieriger werden, an frisches Geld zu gelangen. Die Bewertung Irlands sei um eine Note auf Ba1 gesenkt worden, teilte Moody's am Dienstagabend mit. Der Ausblick bleibe «negativ», hieß es weiter. Das bedeutet, dass weitere Abstufungen drohen. Denn Moody's fürchtet, dass Irland seine Schuldenprobleme nicht aus eigener Kraft in den Griff bekommt.

Es werde zunehmend wahrscheinlicher, dass Irland nach dem Auslaufen der derzeitigen Hilfsprogramme von Europäischer Union und dem Internationalen Weltwährungsfonds Ende 2013 vor einer Rückkehr an den privaten Kapitalmarkt neue Unterstützung benötige, lautete das Urteil.

Portugal noch schlechter als Irland

Nach den jüngsten Vorschlägen der EU-Regierungen im Fall Griechenland steige dabei die Möglichkeit einer Beteiligung privater Kreditgeber als Vorbedingung für ein weiteres Hilfsprogramm, hießss es weiter.

Mit einer ähnlichen Begründung hatte Moody's in der vergangenen Woche Portugal herabgestuft. Dies wurde von verschiedenen europäischen Politikern heftig kritisiert. Portugal hat allerdings mit Ba2 noch eine schlechtere Note als Irland erhalten.

Schlag für Finanzmärkte

Die Nachricht versetzte den ohnehin verunsicherten Finanzmärkten einen erneuten Schlag. Der Euro sackte in einer ersten Reaktion um fast einen Cent ab; der US-Leitindex Dow Jones schloss auf einem Tagestiefstand.

Vor allem Bankaktien gaben nach. Viele Börsianer fürchten, dass die weit verzweigten US-Institute mit in den Strudel der Krise gerissen werden könnten.


Unverständnis in Irland

Bei Europäischer Kommission und irischem Finanzministerium sorgte die Entscheidung für Unverständnis. Sie stünde nicht im Einklang mit den Einschätzungen der anderen großen Agenturen, betonte das Finanzministerium. S&P sowie Fitch bewerten Irland drei Stufen über Ramschstatus.

Die National Treasury Management Agency, die im Auftrag der Regierung Vermögenswerte verwaltet, verwies darauf, dass auch Lob von Moody's gekommen sei. So habe die Agentur darauf hingewiesen, dass Irland sich stark für die Haushaltskonsolidierung einsetze und die von der EU und dem Internationalen Währungsfonds als Bedingung für Finanzhilfe geforderten Ziele einhalte.

Die EU-Kommission versicherte, Irland sei auf dem richtigen Weg, um aus der Schuldenkrise herauszufinden.

Kritik an Ratingagenturen

Die drei marktbeherrschenden Ratingagenturen Standard & Poor's, Moody's und Fitch gehören zu den grössten Kritikern der Schuldensünder in der Euro-Zone. Sie mussten dafür harsche Kritik von Seiten europäischer Politiker einstecken.

EU-Justizkommissarin Viviane Reding hatte erst jüngst in einem Interview mit «Welt Online» gesagt: «Europa darf sich nicht von drei US-Privatunternehmen kaputt machen lassen.» Sie drohte den Ratingriesen mit der Zerschlagung oder der Schaffung von Konkurrenzagenturen in Europa und Asien.

Die Ratingagenturen selbst sagen, sie täten nur ihre Pflicht. In der Finanzkrise war ihnen ebenfalls von Politikern vorgeworfen worden, nicht kritisch genug gewesen zu sein und selbst in heiklen Fällen noch ein gutes Zeugnis ausgestellt zu haben.

Schuldenkrise wird Chefsache

Mit allen Mitteln wollen die Staats-und Regierungschefs der 17 Euroländer eine Ausbreitung der Schuldenkrise auf große Länder wie Italien oder Spanien verhindern. Wegen der sich immer weiter zuspitzenden Lage auf den Finanzmärkten ist ein Krisentreffen an diesem Freitag (15.7.) geplant, wie Diplomaten am Dienstag in Brüssel sagten. Die Finanzmärkte nehmen derzeit das hoch verschuldete EU-Gründungsmitglied Italien unter Beschuss: Sie verlangen sprunghaft steigende Gefahrenzulagen für italienische Staatsanleihen.

Italien reagiert schnell

Das hoch verschuldete Italien will nun aufs Tempo drücken und mit vereinten Kräften ein Sparpaket in Höhe von rund 47 Milliarden bis Freitagabend durchs Parlament bringen. Überraschend versprachen Medienberichten zufolge die Oppositionsparteien am Dienstag, möglichst wenige Einsprüche im Abgeordnetenhaus vorzulegen, um das Paket bis zum Freitagabend auch durch die zweite Kammer zu bringen. Der Senat, in dem Regierungschef Silvio Berlusconi eine sichere Mehrheit hat, soll das Paket schon am Donnerstag verabschieden.

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