Liam Gallagher rockt weiter – Ist Beady Eye gleich Oasis minus Noel?

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Liam Gallagher rockt weiterIst Beady Eye gleich Oasis minus Noel?

Oasis war zwei Jahrzehnte lang eine der heißesten Bands - und der Dauerzwist der Brüder Liam und Noel Gallagher eine Legende. 2009 kam das Aus: Noel ging. Liam hält den Oasis-Sound am Leben, nennt sich aber Beady Eye.

Oasis ist zurück! Aber nicht ganz, einer fehlt natürlich - und kein ganz unwichtiger: Noel Gallagher, als Sänger, Leadgitarrist und Songschreiber einer der beiden Köpfe der erfolgreichsten Britpop-Band überhaupt. Man könnte auch sagen, einer der beiden Querköpfe von Oasis - im Streit geschieden vom anderen Querkopf, Bruder Liam Gallagher, seinerseits Sänger und Rock-Rüpel.

Doch der macht einfach ungerührt weiter, so als sei vor anderthalb Jahren mit der Brudertrennung nicht eine kleinere Pop-Katastrophe passiert. Mit den anderen Bandmitgliedern hat er kurzerhand eine neue Gruppe gegründet: Beady Eye - zu deutsch: Knopfauge. Die legt an diesem Freitag ihr Debütalbum vor mit dem sprechenden Titel «Different Gear, Still Speeding»: Obwohl sie in einem anderen Gang fahren, geben sie weiter Vollgas.

Kein Bestimmer mehr

Und das stimmt: Die gitarrenlastige Musik springt einen sofort an, die Musiker breiten einen vertrauten Klangteppich aus, die Stücke schwanken zwischen mitreißenden Britpop-Rocknummern und hymnischen Balladen, es gibt wieder deutliche Beatles-Anleihen. Eine richtige Oasis-Platte eben - wenn es Oasis noch gäbe.

Ist Beady Eye also schlicht Oasis minus Noel? «Nein, Mann, Beady Eye ist Beady Eye, ganz einfach...», sagt Liam Gallagher im dpa-Interview leicht genervt, aber immerhin nicht gereizt. «Es könnte aussehen wie Oasis ohne Noel. Aber es ist etwas ganz Neues. Brandneue Songs, eine brandneue Aussicht.» Klar klinge die Musik auch nach Oasis. «Es ist ja nichts komplett anderes. Wir spielen weiter die Musik, auf die wir stehen.» Doch das Bandgefühl sei heute komplett verschieden: «Wir arbeiten als Gruppe zusammen. Alle Lieder sind von uns gemeinsam geschrieben, überarbeitet, umgeschrieben, verworfen, neu aufgenommen worden.» Es habe nicht den einen Bestimmer gegeben, der gesagt habe, wo es langgehen soll.

Ein Seitenhieb auf Noel, der sich im August 2009 nach einem weiteren handfesten Streit mit Liam von der Band verabschiedet hatte? Sicherlich, aber Liam spricht seinen Bruder nicht offen an - er will sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren, nicht auf das Gestern. Also gibt es bei den Konzerten, so am 14. März in Köln, auch keine Klassiker zu hören. «Ich glaube, es wäre eine Beleidigung für uns und jeden anderen, wenn wir Oasis-Songs spielen würden», sagt Gallagher.

Aber stand nicht die gesamte Band vor der Auflösung im August 2009? «Nur ganz kurz», sagt Gitarrist Gem Archer, «aber dann war uns schnell klar, wir müssen weitermachen. Wir als Band.» Gallagher ergänzt: «Nur weil Noel die Band verlassen hat, sollen wir einfach zuhause sitzen und uns schlecht fühlen, keine Musik machen? Wir lieben das hier, deswegen stehen wir jeden Morgen auf. Musik ist der Grund, warum ich lebe, verstehst du?!»

L'essentiel online/dpa

So klingt die neue Platte

«Four Letter Word», der Eröffnungs-Track, geht direkt nach vorn, ist ein Oasis-mäßiger Kracher. «The Roller» könnte als Pop-Ballade dem Welthit «Wonderwall» Konkurrenz machen. In «Beatles and Stones» und «For Anyone» schauen die Fab Four aus Liverpool unverstohlen über die Schultern der Beady-Eye-Mannen.

Die erste Single, «Bring The Light», ist mit ihren schreienden Gitarren eine Hommage an den 60er-Jahre-Sound eines Jerry Lee Lewis, «Wind up Dream» mehr die coole Variante mit Beats, die an die Fun Lovin' Criminals erinnern. «Kill For A Dream» hüllt die Ohren in ein dichtes Klanggewebe und lässt Oasis-Nostalgie aufkommen.

Und «The Morning Son» ist der psychedelisch-melancholische Abschluss eines gelungenen Debütalbums, das natürlich kein echtes Debüt ist.

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