Work-Life-BalanceIst das Modell der Viertagewoche in Luxemburg denkbar?
LUXEMBURG – Mehrere Unternehmen hierzulande denken darüber nach, die Viertagewoche einzuführen. Dies kann in den meisten Fällen jedoch nicht ohne Komplikationen geschehen.
- von
- Joseph Gaulier

Die Arbeitsorganisation hängt sehr oft von der Art der Arbeitsstelle ab.
«Die vermeintlich positive britische Studie über die Viertagewoche ist in Wirklichkeit viel nuancierter», erklärt Jean-Paul Olinger, Generaldirektor des Luxemburger Unternehmerverbands UEL. Er ist sehr vorsichtig, wenn es darum geht, die Erfahrung Großbritanniens zu verallgemeinern. «Im Vereinigten Königreich haben viele Unternehmen im Laufe dieser Testphase aufgehört. Diejenigen, die weitergemacht haben, waren Beratungs- und Managementfirmen oder NGOs. Wie repräsentativ ist das dann noch?», zweifelt der Generaldirektor.
Die Arbeitszeit auf vier Tage zu verteilen, «entspricht der von einigen Arbeitnehmern geforderten Flexibilität», räumt Lieven Lambrecht, Personalleiter bei PwC Luxembourg, ein. Dennoch ziehen die Dienstleistungsunternehmen keine ausschließlich positive Bilanz aus dem Pilotprojekt, das im letzten Jahr mit 600 Mitarbeitern gestartet wurde. «Etwa 50 nehmen noch daran teil, zumindest sporadisch.» Das Modell passe für bestimmte Bereiche, wie Buchhaltung, Finanzen, Support. Aber die Viertagewoche wäre mit der gleichen Arbeitszeit nur schwer umsetzbar, «da die Tage zu lang werden würden», so Personalleiter.
«Nicht jeder hat die gleichen Bedürfnisse»
Während er einen Gewinn an Flexibilität, insbesondere für Grenzgänger, zugesteht, weist Lieven Lambrecht gleichzeitig auf einen möglichen «Produktivitätsverlust» hin. Seiner Meinung nach wäre das ideale Arbeitsmodell, «neun Tage in zwei Wochen zu arbeiten, um ein besseres Gleichgewicht mit einer akzeptablen Länge des Arbeitstages zu gewährleisten». Insgesamt befürworte er jedoch eine Annualisierung der Arbeitszeit, also eine stärkere Flexibilisierung der Arbeitszeitregelungen wie im Vereinigten Königreich.
POST, einer der größten Arbeitgeber des Landes, erklärt indes, dass die Zukunft der Arbeitszeitmodelle derzeit diskutiert werde. Jean-Paul Olinger spricht auch über den Bedarf an mehr Flexibilität: «Die Frage ist sehr individuell, nicht jeder hat die gleichen Bedürfnisse. Es hängt auch von den Unternehmen und der Anzahl der Beschäftigten ab. Besteht wirklich die Notwendigkeit, die Geschäfte einen Tag in der Woche zu schließen?»
Sicherheitsrisiken müssen berücksichtigt werden
Eine Arbeitszeitverkürzung auf vier Tage pro Woche hält er nicht für sinnvoll: «Wir haben bereits jetzt Schwierigkeiten, genügend Mitarbeiter einzustellen, und es ist weitaus komplizierter, in 36 Stunden das gleiche Ergebnis zu erzielen wie in 40 Stunden».
Die Anpassung von Arbeitsmodellen sei zwar ein Ansatz, «aber bisher sei in der Hinsicht noch nichts passiert», sagt Sébastien Jungen, Generaldirektor von Bamolux mit 70 Beschäftigten. Er merkt allerdings an, «dass ein 10-Stunden-Tag auf der Baustelle wahrscheinlich das Verletzungsrisiko erhöhen würde». Die Überlegungen zielen unter anderem darauf ab, «denjenigen, die nicht von zuhause aus arbeiten können, bestimmte Annehmlichkeiten zu ermöglichen», so der Generaldirektor.
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