Ferrari der WocheIst der 250 GT Spyder der schönste Ferrari?
Der Ferrari 250 GT California Spyder gilt als Design-Ikone. Seine Geschichte, und wie er zu seinem Namen kam, lesen Sie hier.

Schon damals, Mitte der 50er Jahre, waren die USA der wichtigste Markt für Ferrari. Dort saßen mit dem legendären Luigi Chinetti (Ostküste) und dem nicht minder umtriebigen John von Neumann (Westküste) zwei Importeure, die sich das Land aufteilten, aber beide natürlich großes Interesse hatten, mehr Autos zu verkaufen. Und bei Chinetti kam noch der Rennsport dazu, er hatte N.A.R.T. (North American Racing Team) am Start. Und so wurden die beiden Herren in Maranello beim «Commendatore» Enzo Ferrari vorstellig, mit einem klaren Wunsch: ein Cabrio, aber sportlicher als das vorhandene Modell, das 250 GT Cabriolet, das auf dem Pininfarina-Coupé basierte. Sie hatten auch gleich einen Vorschlag: Ferrari (oder noch besser: Pininfarina) solle doch die sportliche 250 GT Berlinetta, besser bekannt als «Tour de France», vom Dach befreien.
Nicht Pininfarina, sondern Scaglietti konnte das richten. Diverse Karosserie-Teile wurden in Alu gefertigt, denn das Fahrzeug sollte ja nicht nur fürs Cruisen auf kalifornischen Küstenstraßen verwendet werden können; an Motor und Fahrwerk wurde im Vergleich zum «Tour de France» nichts verändert, also weiterhin der 3-Liter-V12 mit etwa 240 PS (am Ende seiner Laufbahn sollen es dann schon 280 gewesen sein). Seine Premiere erlebte der California Spider nicht auf einer der großen Messen, sondern mehr so still und heimlich. Das erste Exemplar, Chassisnummer #0769GT, hat in den Ferrari-Büchern das Auslieferungsdatum 16.12.1957, schon am 3. Januar 1958 erhielt ein gewisser George Arents, wohnhaft in Coconut Grove, Florida, diesen Wagen.
Niemand weiß, wieviel Exemplare vom 250 GT gebaut wurden
Der nächste California Spider, Chassisnummer #0919GT, wurde dann aber erst im Juni 1958 ausgeliefert, und zwar nach Kuba. Bereits ab dem neunten ausgelieferten Exemplar (#0965GT), ausgeliefert im Oktober 1958, gab es Anpassungen an Motor (verstärkte Pleuelstangen und Kurbelwelle, Typ 128D) und am Chassis (Typ 508D). 14 California Spider LWB haben Jahrgang 1958, die restlichen 36 (34?) Exemplare wurden 1959 und 1960 gebaut, zuletzt #1715GT, ausgeliefert am 27. Februar 1960. LWB bedeutet, wie immer, langer Radstand, also 2,6 Meter - auf Wunsch war ein 140-Liter-Tank erhältlich.
Und der California Spider war tatsächlich auch tauglich auf der Rennstrecke. Bei den 12 Stunden von Sebring 1959 gewannen Richie Ginther/Howard Hively auf #1085GT nicht bloß die GT-Klasse, sondern schafften auch den 9. Platz im Gesamtklassement. Noch besser lief es bei den 24 Stunden von Le Mans im gleichen Jahr. Der vom N.A.R.T. gemeldete 250 GT (Chassisnummer #1451GT, komplett aus Alu) schaffte unter Bob Grossman/Fernand Tavano stolze 3964,5 Kilometer, einen Schnitt von 165,2 km/h - und hinter zwei Aston Martin und zwei reinen Renn-Ferrari den fünften Gesamtrang. Es gab noch andere Voll-Alu-Spider, etwa #1487GT, mit dem der legendäre Pedro Rodriguez als Besitzer und Fahrer in Mexiko einige Rennen gewann. Die «normalen» California Spider wogen 1100 Kilo, die Alu-Fahrzeuge satte 100 Kilo weniger. Und so von wegen Fahrleistungen: 250 km/h waren auch mit dem serienmäßigen 4-Gang-Getriebe möglich, aber das brauchte dann schon etwas «Können», denn wir sprechen hier ja weiterhin von Starrachse und Trommelbremsen. Und 280 PS auf 1000 Kilo, da geht was.
Einst kostete er 7000 US-Dollar – jetzt rund 10 Millionen
Der Preis für solch einen California Spider liegt derzeit bei rund 10 Millionen Dollar. Man kann nun lange diskutieren, ob ein Fahrzeug, das neu rund 7000 Dollar kostete, solch unfassbare Summen wert ist. Ist es natürlich nicht, denn in dieser Preisklasse geht es ja längst nicht mehr um Liebhaberei, sondern um ein Investment oder nur die reine Spekulation. Andererseits ist gerade der California Spider ein sehr wichtiges Fahrzeug in der Automobilgeschichte, sicher auch, weil er ganz einfach wunderschön ist, eine der ewigen Design-Ikonen (und das vom schlichten Karrosseriebauer Scaglietti...), doch viel mehr deshalb, weil er Ferrari die Tür in die Vereinigten Staaten weit öffnete, weil er Maranello einiges an Geld in die Kassen spülte, weil Ferrari sich mit diesem Modell Ende der 50er Jahre unter den ganz «großen» Namen etablieren konnte.
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(L'essentiel/pru)
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