Wahlkampf – Juncker und Schulz setzen sich digital in Szene

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WahlkampfJuncker und Schulz setzen sich digital in Szene

Die beiden Spitzenkandidaten bei der Europawahl, Jean-Claude Juncker und Martin Schulz, setzen auf soziale Medien und TV. Wohl auch eine Frage des Budgets.

Wer durch Luxemburg fährt, dürfte wohl kaum auf die Idee kommen, dass hierzulande gerade ein Kampf um Wählerstimmen ausgetragen wird. Und dies, obwohl einer der Spitzenkandidaten bei der Wahl zum Europäischen Parlament aus dem Großherzogtum stammt. Statt europaweit auf flächendeckende Plakatierungen zu setzen, nutzen Martin Schulz (PES) und Jean-Claude Juncker (EVP) lieber kostengünstigere Kommunikationsmittel.

Seit dieser Woche tourt der Luxemburger mit seinem blauen «Juncker for President»-Bus durch die Lande. Seine Truppe schaffte es, das große Gefährt am Dienstag werbewirksam und umringt von Fans in Brüssel zu präsentieren. Am ersten Tag ging es mit einer Riege von Journalisten in die belgische Provinz. Für längere Trips will der 59-Jährige aber dann doch lieber in den Flieger steigen. Schließlich gilt es, bis zum 25. Mai insgesamt 18 Länder zu bereisen.

Wahlkampfteam twittert

Neben den Klassikern wie Broschüren und Fähnchen nutzen die beiden Politiker auch fleißig die sozialen Netzwerke. Oder besser gesagt: lassen nutzen. Jean-Claude Juncker, nicht gerade bekannt für ständiges Gezwitscher, überlässt diese Aufgabe gerne seinem Wahlkampfteam. «Wir zeigen ihm vorher, was wir twittern möchten und er sagt dann: ‚sehr gut‘», erklärt Natasha Bertaud, die sich im Wahlkampfteam um Presseanfragen kümmert.

«Er entdeckt die sozialen Medien mehr und mehr», sagt sie und verweist auf ein Selfie, das Juncker – mit eher gequältem Gesichtsausdruck – und umringt von flämischen Parlamentskandidaten im Werbebus zeigt. Für Natasha Bertaud ist klar: «Die sozialen Netzwerke spielen eine große Rolle im Wahlkampf. Das zeigt sich beispielsweise daran, dass die Zahl der Twitter-Follower von Jean-Claude Juncker innerhalb einer Woche von 9'000 auf 21'000 geklettert ist. Sprich: Ohne Twitter geht nix, auch wenn der Chef sich nicht auskennt.

Schulz hat mehr Follower

Auch Schulz kümmert sich nicht selbst um seine zahlreichen Social-Media-Accounts. «Das macht ein Team der Partei», erklärt PES-Pressesprecher Tim Mcphie. «Er antwortet aber immer öfter auf Anfragen von Bürgern und ist gerne im Kontakt mit den Menschen.»

Im Internet-Duell hängt Martin Schulz den Christdemokraten Juncker deutlich ab, folgen dem Deutschen auf Twitter doch mehr als 88'500 Menschen. Seine Internet-Kampagne kommt nicht mehr ohne den von der PSE lancierten Hashtag #knockthevote aus. Damit klopfen die User an der virtuellen Haustür, um Bürger für die Wahl zu gewinnen. Dem gegenüber scheint den Hashtag #withJuncker vor allem der Kandidat selbst und die EVP zu nutzen. Auch auf Facebook geht der Sieg ganz eindeutig an Schulz. Ihm folgen dort 66'500 Fans, während Juncker auf gerade einmal 9'500 Anhänger kommt. Beide inszenieren sich zudem visuell auf Foto-Plattformen wie Instagram (Schulz) und Flickr (Juncker).

Weitere TV-Duelle folgen

Massenwirkung dürften sie aber vor allem durch das Fernsehen erreichen. Erstmals traten Schulz und Juncker am Mittwoch im französischen Fernsehen verbal gegeneinander an. Weitere TV-Duelle sollen folgen, unter anderem in Deutschland (siehe Infobox) zur besten Sendezeit. Immerhin ein für die Kandidaten relativ günstiger Kommunikationsweg. Schließlich ist das Budget der Wettbewerber begrenzt. Die EVP stellt Juncker 1,6 Millionen Euro zur Verfügung. Martin Schulz muss mit 575‘000 Euro auskommen. Eine weitere Million fließt in die Aktivitäten der Parteimitglieder. Zum Vergleich: Die CDU gab im letzten Bundestags-Wahlkampf nach eigenen Angaben 20 Millionen Euro aus. Durch diese Zahlen dürfte sich auch erklären, weshalb Juncker und Schulz hier wie in den anderen 27 EU-Staaten nur vereinzelt von Plakaten lächeln.

(Kerstin Smirr/L'essentiel)

Die Kandidaten in ARD und ZDF

Martin Schulz und Jean-Claude Juncker sind am 8. Mai (einem Donnerstag, 20.15 Uhr) zu Gast bei einem gemeinsam von ZDF und ORF produzierten «Duell». Es moderieren Ingrid Thurnher (ORF) und Peter Frey (ZDF). Schulz und Juncker sollen aber auch auf Fragen von Zuschauern aus Deutschland und Österreich antworten.

Die ARD bittet Juncker und Schulz am 20. Mai (einem Dienstag, 21.00 Uhr) in Hamburg in «Die Wahlarena». Dort sollen die beiden Spitzenkandidaten auf 175 Bürger treffen. Moderiert wird dieses Duell von Andreas Cichowicz (NDR) und Sonia Seymour Mikich (WDR). (dpa)

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