Identitäre Bewegung – Jung und rechts – die «coolen» AfD-Unterstützer

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Identitäre BewegungJung und rechts – die «coolen» AfD-Unterstützer

Sie besetzt das Brandenburger Tor und sieht sich selbst als hip: Die Identitäre Bewegung will Rechtsextremismus unter jungen Deutschen salonfähig machen.

Vor der Landtagswahl im deutschen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern am Wochenende ist die Angst der etablierten Parteien vor den Rechtspopulisten von der Alternative für Deutschland (AfD) groß. Dass die AfD nicht nur von konservativen Alten, sondern auch von hippen Jungen gewählt wird, dafür könnte eine Gruppierung sorgen, die am vergangenen Wochenende in der deutschen Hauptstadt für Aufregung sorgte.

Neun Aktivisten der sogenannten Identitären Bewegung Deutschland (IBD) kletterten vergangenen Samstag auf das Brandenburger Tor, um ein Banner mit der Aufschrift «Sichere Grenzen – sichere Zukunft» zu enthüllen. Die IBD zählt sich zur neuen Rechten, die sich zwar vom NS-Kult früherer Neonazis distanziert, aber eine ähnliche politische Agenda verfolgt.

Hippe T-Shirts und coole Musik

Allerdings weiß sich die Bewegung einem jüngeren Publikum zu verkaufen: Mit Flashmobs und Guerilla-Aktionen inszenieren sich die Anhänger als besorgte junge Menschen, die befürchten: «Wir sollen verdrängt und ausgetauscht werden», wie es im IBD-Trailer heißt, der die Aktivisten in Großaufnahme zeigt. Medienwirksam inszeniert die IBD eine Burka-Invasion im mecklenburgischen Warnemünde, persifliert am Hamburger Hauptbahnhof die Willkommenskultur gegenüber Flüchtlingen und hält Steckbriefe islamistischer Terroristen in die Kamera oder wettert vor der türkischen Botschaft in Berlin gegen Präsident Erdogan. «Hetze mit Spaßfaktor» – so treffend bringt ein ARD-Journalist die Masche auf den Punkt.

Die Identitären bedienen sich gezielt der Nutzungsgewohnheiten der Digital Natives: Sie verbreiten Videos ihrer Aktionen auf Facebook und Youtube, unterlegen ihre Filmchen mit cooler Musik, tragen Hipster-T-Shirts mit Aufschriften wie «Patriot» oder «Grenzen hoch und Schotten dicht» und passen so gar nicht ins Klischee des dumpfen Nazis. Mehr als 36.000 Nutzern gefällt die Facebook-Seite des deutschen IB-Zweigs.

Die Aktivisten wollen jedoch nicht nur als cool, sondern auch als gebildet wahrgenommen werden. Als Symbol verwendet die Bewegung den griechischen Buchstaben Lambda vor gelbem Hintergrund – eine Anspielung auf die Spartaner, die vor mehr als 2400 Jahren die Perser bekämpften. Populär wurde das Zeichen durch den Hollywoodfilm «300». Ein IBD-Slogan lautet «Europa – Jugend – Reconquista!». Das spanische Wort bezieht sich auf die Rückeroberung der iberischen Halbinsel von den Arabern durch christliche Heere.

Verflechtungen mit der AfD

Gegen den Vorwurf des Rassismus wehrt sich die Gruppierung vehement. Es gehe nicht um Rasse, sondern um Kultur und Identität. Jede Kultur hat ihre Berechtigung, soll aber für sich bleiben und sich nicht mit fremden Kulturen vermischen, so heißt es. Ethnopluralismus heißt diese Ideologie und ist im Prinzip nichts anderes als kultureller Rassismus.

In ihrem Gedankengut steht die Identitäre Bewegung der AfD nahe, einige Aktivisten waren aber auch schon Mitglieder der rechtsextremen NPD oder traten als Redner auf Pegida-Demonstrationen auf. Die AfD-Spitze distanziert sich laut «Welt» zwar von den Identitären.

Am rechten Rand der Partei, etwa innerhalb der sogenannten Patriotischen Plattform (PP), wünscht man sich jedoch explizit «eine engere Zusammenarbeit zwischen Identitärer Bewegung und AfD, denn (...) auch die Identitäre Bewegung ist eine Alternative für Deutschland». Dass es personelle Verflechtungen zwischen AfD und IBD gibt, wird von der PP offen kommuniziert. Dass die AfD-Spitze davon nicht begeistert ist, kommt nicht von ungefähr. In zwölf deutschen Bundesländern und auf Bundesebene werden die Identitären vom Verfassungsschutz beobachtet.

Ihren Ursprung haben die Identitären in Frankreich. Dort trat vor vier Jahren die Génération identitaire auf den Plan, wie die «Zeit» berichtet. Über Österreich kam die Bewegung nach Deutschland. Der österreichische IB-Anführer Martin Sellner war immer wieder in Deutschland präsent, etwa als Pegida-Redner in Dresden oder bei einem IB-Aufmarsch in Berlin. In Deutschland existieren derzeit 15 regionale Gruppen, denen rund 400 Menschen angehören. Auch in der Schweiz gibt es einen Ableger der Bewegung.

(L'essentiel)

Landtagswahlen

Im deutschen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, der politischen Heimat von Kanzlerin Angela Merkel, finden am 4. September Landtagswahlen statt. Prognosen sehen die Alternative für Deutschland (AfD) derzeit bei 19 Prozent – als drittstärkste Kraft hinter CDU und SPD. Ebenfalls gewählt wird am 18. September in Berlin.

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