KaukasusKämpfe in Berg-Karabach fordern zivile Opfer
Die Regierung von Aserbaidschan hat eine «Anti-Terror-Operation» gestartet, bei der armenische Stellungen angegriffen werden. Zahlreiche Menschen kommen ums Leben, noch mehr werden verletzt.
Aserbaidschanische Truppen haben am Dienstag armenische Stellungen in der Kaukasusregion Berg-Karabach angegriffen. Mindestens 27 Menschen seien dabei ums Leben gekommen, sagte der Ombudsmann für Menschenrechte in Berg-Karabach, Geghan Stepanjan. Unter den Toten seien zwei Zivilisten, eine der Personen sei ein Kind. Mehr als 200 weitere seien verletzt worden, darunter elf Kinder. Die ethnisch armenischen Behörden in der Region riefen zu Gesprächen auf. Die aserbaidschanische Präsidialverwaltung erklärt aber, es handle sich um eine «Anti-Terror-Operation», die weitergehen werde, bis «illegale armenische Militärformationen» kapitulierten und die separatistische Regierung von Berg-Karabach sich auflöse.
Die Gefechte schürten Sorgen vor einem neuen Krieg um die seit Jahrzehnten umstrittene Kaukasusregion. Armenische Vertreter erklärten, die Regionalhauptstadt Stepanakert und mehrere Dörfer lägen unter heftigem Beschuss. Sowohl Flugzeuge als auch Artilleriegeschütze, Raketensysteme und Drohnen kämen auf aserbaidschanischer Seite zum Einsatz, erklärte das Militär in Berg-Karabach. Videos zeigten ein beschädigtes Wohnhaus mit zerborstenen Scheiben.
Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium betonte hingegen, man beschränke sich auf legitime militärische Ziele. Ziele an der Front und im Hinterland, Geschützpositionen und militärische Einrichtungen würden mit Präzisionswaffen außer Gefecht gesetzt.
Angriff sei Reaktion auf durch Minen getötete Zivilisten und Soldaten
Kurz vor Beginn der Kämpfe hatten das aserbaidschanische Innenministerium, der Geheimdienst und die Staatsanwaltschaft erklärt, zwei Mitarbeiter der Strassenverwaltung seien vor Morgengrauen mit ihrem Auto auf eine Mine gefahren und durch die Explosion getötet worden. Vier zu Hilfe eilende Soldaten seien von einer weiteren Mine getötet worden.
Das armenische Außenministerium dementierte, dass eigene Truppen oder Waffen des Landes in Berg-Karabach stationiert seien. Gerüchte über Sabotage und das Legen von Landminen seien «eine Lüge und fingiert». Regierungschef Nikol Paschinjan sagte, Aserbaidschans Hauptziel sei es, sein Land in die Kämpfe hineinzuziehen.
Die aserbaidschanische Generalstaatsanwaltschaft warf armenischen Streitkräften vor, sie hätten Schuscha beschossen – eine Stadt in Berg-Karabach, die von Aserbaidschan kontrolliert wird. Dabei sei ein Zivilist getötet worden.
Russland hat Friedenstruppen stationiert
Armenien und Aserbaidschan streiten schon seit Sowjetzeiten um Berg-Karabach. Die Region gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, wurde aber seit dem Ende eines Separatistenkriegs 1994 von ethnischen Armeniern kontrolliert, die von Armenien unterstützt werden. 2020 eroberte Aserbaidschan einen großen Teil der Region und angrenzende Gebiete zurück, die zuvor von armenischen Streitkräften gehalten worden waren. Russland vermittelte einen Friedensvertrag und hat in der Gegend eine mehrere Tausend Mann starke Friedenstruppe stationiert.
Aserbaidschan blockiert seit Ende vergangenen Jahres zahlreiche Lieferungen in die armenische Enklave. Dies hat zu einer ernsten Lebensmittelknappheit in Berg-Karabach geführt. Am Montag gestattete Aserbaidschan dann Hilfslieferungen des Roten Kreuzes mit Mehl und medizinischen Gütern. Die Regionalbehörden in Berg-Karabach erklärten jedoch, die Straße sei noch immer nicht vollständig geöffnet.