WHO-Warnung – Krebs durch Fleisch? Hersteller reagieren sauer

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WHO-WarnungKrebs durch Fleisch? Hersteller reagieren sauer

Fleischkonsum erhöhe die Krebsgefahr, warnt die WHO. Wurst und Schinken seien gefährlich. Doch die Hersteller halten dagegen. Sie fühlen sich zu Unrecht beschuldigt.

Ernährungsexperten raten zu maximal drei Portionen Wurst oder Fleisch pro Woche.

Ernährungsexperten raten zu maximal drei Portionen Wurst oder Fleisch pro Woche.

DPA/Heiko Wolfraum

Die Warnung der Weltgesundheitsorganisation WHO vor dem Krebsrisiko von Wurst- und Fleischverzehr sorgt für Unsicherheit unter Verbrauchern – besonders in Luxemburg, das mit einem Pro-Kopf-Fleischkonsum von rund 100 Kilo weltweit führend ist. Während Ernährungsexperten schon länger nur zu maximal drei Portionen Fleisch und Wurst pro Woche raten, üben die Hersteller scharfe Kritik.

Jean-Marie Oswald, Präsident der «Fédération des bouchers-charcutiers du Luxembourg» (FNPBC) spricht gegenüber dem Tageblatt von einer Hiobsbotschaft für Landwirte, Metzger und Restaurants. «Mit den Aussagen der WHO ist das Thema Krebs im Fleisch jetzt lanciert», sagt Oswald, der auf die hervorragende Qualität der Fleischprodukte aus dem Großherzogtum verwies.

In einer Reihe mit Alkohol und Rauchen

Ins selbe Horn stößt der Schutzverband Schwarzwälder Schinkenhersteller. Dieser warf der Organisation eine Verunsicherung der Verbraucher vor. Die Fleischverarbeitung in Deutschland verlaufe unter strengen Vorschriften und Kontrollen, sagte der Verbandsvorsitzende Hans Schnekenburger am Dienstag in Villingen-Schwenningen.

Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC), eine WHO-Behörde, hatte am Montag davor gewarnt, dass der regelmäßige Verzehr von Wurst, Schinken und anderem verarbeiteten Fleisch des Krebsrisiko erhöhe. Demnach gehen pro Jahr 34.000 Krebstodesfälle auf verarbeitetes Fleisch und möglicherweise 50.000 auf rotes Fleisch zurück. Zum Vergleich: Das Rauchen verursacht laut IARC eine Million Krebstote pro Jahr, Alkohol 600.000 und Luftverschmutzung 200 000.

Klare Beweise fehlen

Der Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie erklärte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur: «Für die Entstehung von Krebs ist sicherlich nicht ein einzelnes Lebensmittel verantwortlich, sondern auch weitere Einflussfaktoren wie die persönliche Lebensweise, erbliche Vorbelastungen oder Umwelteinflüsse.» Auch nach dem WHO-Report gelte weiterhin der «Grundsatz einer gesunden Lebensweise durch viel Bewegung und eine vielseitige und ausgewogene Ernährung - auch mit Fleisch und Wurst». Aus einer Erhebung des Verbands geht hervor, dass der Fleischwarenverzehr in Deutschland sinkt.

Dem Verein Die Lebensmittelwirtschaft fehlen «klare wissenschaftliche Beweise dafür», dass rotes oder verarbeitetes Fleisch wirklich ursächlich krebserregend sei. «Bislang konnte nie wissenschaftlich geklärt werden, welche Inhaltsstoffe aus dem Fleisch dem Menschen schaden könnten - ob es also tatsächlich das Fleisch selbst ist, oder vielleicht doch eher die Verarbeitung durch Pökeln, Räuchern oder Fermentieren?», sagte Geschäftsführer Stephan Becker-Sonnenschein. Auch die neue Studie basiere rein auf Auswertungen und statistischen Berechnungen anderer Studien.

Je mehr Fleisch, desto mehr Krebsrisiko

Die WHO-Behörde IARC hatte selbst eingeräumt, dass das individuelle Risiko, Darmkrebs durch Fleischkonsum zu bekommen, gering sei. Es steige aber mit der Menge des konsumierten Fleisches, sagte Kurt Straif vom IARC. Betrachte man eine große Zahl von Menschen, seien die Fälle gesundheitspolitisch bedeutend.

Die IARC-Ergebnisse bestätigten die geltende Gesundheitsempfehlung, den Konsum von Fleisch zu begrenzen, betonte Agentur-Chef Christopher Wild. Zugleich enthalte etwa rotes Fleisch wichtige Nährstoffe. Die Studie sei wichtig für Regierungen und internationale Organisationen, um die Risiken und Vorzüge von rotem und von verarbeitetem Fleisch abzuwägen und dann Ernährungsempfehlungen zu geben.

(L'essentiel/dpa)

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