Konferenz in Cancùn – Last-Minute-Kompromiss fürs Klima

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Konferenz in CancùnLast-Minute-Kompromiss fürs Klima

Regierungschefs aus aller Welt sind zufrieden mit dem Klima-Gipfel in Cancún. Nach dramatischem Finale endete die Konferenz doch noch erfolgreich - nur Bolivien stellte sich bis zuletzt quer. Nächstes Jahr wird in Südafrika weiterverhandelt.

Gegen den erbitterten Widerstand Boliviens hat der UN-Klimagipfel in Cancún in letzter Minute ein überraschend umfangreiches Klimaschutzpaket verabschiedet. Es kann die Basis für den dringend notwendigen Weltklimavertrag sein. Das von den mehr als 190 Teilnehmern am Samstag nach einer teilweise dramatischen Schlussphase verabschiedete Abkommen sieht unter anderem einen Fonds vor, um armen Ländern bei der Anpassung an den Klimawandel zu helfen. Erstmals wird das auch Ziel, die Erderwärmung auf 2 Grad zu begrenzen, verbindlich bestätigt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama zeigten sich zufrieden. Obama gratulierte seinem mexikanischen Kollegen Felipe Calderón. Die EU-Kommission bezeichnete die Einigung als Erfolg. Boliviens Präsident Evo Morales bedauerte dagegen, dass die Einwände seiner Delegation nicht berücksichtigt wurden.

Erfolg trotz fehlender Einstimmigkeit

Mexiko habe bei der Konferenz exzellente Arbeit geleistet, sagte Obama am Samstag in dem Telefonat. Das Gipfelergebnis habe den Kampf gegen den Klimawandel vorangebracht. «Wir haben heute in Cancún einen guten Schritt nach vorne gemacht», sagte Merkel in Berlin. Es bleibe jedoch sehr viel zu tun, um ein Anschlussabkommen für das 2012 auslaufende Kyoto-Abkommen zu erzielen. «Aber das war heute ein wichtiger Tag für den internationalen Klimaschutz», fügte die Kanzlerin hinzu.

Großes Lob erntete die mexikanische Konferenzpräsidentin Patricia Espinosa. Entgegen der UN-Regel hatte sie die Bedenken Boliviens zwar zur Kenntnis genommen, aber nicht berücksichtigt und die Konferenz so ohne die eigentlich notwendige Einstimmigkeit erfolgreich zum Abschluss gebracht. «In dem Geist, in dem jetzt die Verhandlungen noch abgeschlossen werden konnten - in letzter Minute - muss jetzt intensiv weitergearbeitet werden», sagte Kanzlerin Merkel.

Wald besser schützen

Das erste verabschiedete Papier des Abkommens umfasst die Fortführung des Kyoto-Protokolls, das zweite auch die Klimaziele der USA und der Entwicklungsländer. Noch sind aber weiterhin auch viele Absichtserklärungen darin enthalten.

Der Wald soll besser geschützt werden, weil durch die Abholzung rund 15 Prozent der CO2-Emissionen entstehen. Zudem soll ein Klimafonds geschaffen werden, um arme Länder bei der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen. Von 2020 an sollen dafür jährlich rund 100 Milliarden Dollar (75 Mrd. Euro) an Klimahilfsgeldern zusammenkommen.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso erklärte in Brüssel: «Die Vereinbarung von Cancún (...) ist ein wichtiger Schritt hin zu einem umfassenden und rechtlich bindenden Rahmen für ein weltweites Klima-Handeln.»

Für «Mutter Erde» kämpfen

Boliviens Präsident Morales bedauerte dagegen, dass sich die restlichen 193 Teilnehmerländer des Gipfels in Mexiko über die Bedenken seines Landes hinweggesetzt hätten. Aber er werde weiter für «Mutter Erde» kämpfen. Das Klimaschutzpaket von Cancún, das weltweit als Erfolg gefeiert wurde, ist nach Ansicht von Morales nicht geeignet, die Natur und die Menschheit zu retten. Auch Boliviens Delegationsleiter Pablo Solón hatte moniert, die Entwürfe seien zu schwach, um die Erderwärmung ausreichend zu begrenzen.

Klimaschützer äußerten sich verhalten positiv, waren sich jedoch einig, dass die Vereinbarung nicht ausreiche, um den Klimawandel wirksam zu bekämpfen. Greenpeace sprach von einem Zeichen der Hoffnung. «Das Ergebnis ist besser, als viele hier zeitweise befürchtet haben. Trotzdem - es ist erst der Anfang, sagte der Leiter der Internationalen Klimapolitik von Greenpeace, Martin Kaiser. «Mit der Übereinkunft von Cancún wurde eine gute Grundlage für die kommenden Klimaverhandlungen in Südafrika gelegt», meinte WWF- Klimaexpertin Regine Günther. Diese sollen 2011 in Durban stattfinden.

(dpa)

Die Vereinbarung

ZWEI-GRAD-ZIEL: In der Präambel eines Dokuments wurde das Ziel zur Kenntnis genommen, die Erderwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen. Damit ist das Ziel nun offiziell in den UN-Verhandlungsprozess eingeführt.

ZWEI KLIMASCHUTZWEGE: Die Konferenz vereinbarte einen Fahrplan für die Fortsetzung des Kyotoprotokolls und einen für die Klimaziele der USA und der Entwicklungsländer. Rechtlich bindend ist noch keines der beiden Dokumente.

KLIMAZIELE: Die Kyoto-Industriestaaten und die USA legen ihre nationalen Treibhausgas-Reduktionsziele in einer Liste fest. Die Entwicklungsländer reduzieren ihre Treibhausgase nur im Vergleich zum Wirtschaftswachstum auf Basis freiwilliger Zusagen. Damit sind die Ziele nun im UN-Verhandlungsprozess verankert.

TREIBHAUSGASLÜCKE: Weil die vorgelegten Ziele nicht ausreichen, um die Erderwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen, werden die Länder ausdrücklich aufgefordert, mehr zu tun.

WALDSCHUTZ: Das Abkommen betrachtet die Wälder auf nationaler Ebene und nur in eng begrenzen Ausnahmefällen den einzelnen Wald. Letzteres birgt die Gefahr, dass ein Wald geschützt und dafür der daneben abgeholzt wird. Offen ist noch, ob der Wald mit öffentlichem Geld geschützt wird oder mit Geld von der Industrie, die dann ihren eigenen Treibhausgasausstoß nicht mehr so stark reduzieren muss.

TRANSPARENZ: Die Minister vereinbarten einen Arbeitsauftrag, um die Klimaschutzaktivitäten der Länder besser international zu beobachten.

LANGFRISTIGE KLIMAHILFEN: Unter Mithilfe der Weltbank soll ein Grüner Klimafonds für Entwicklungsländer etabliert werden. Der Fonds soll maßgeblich dazu beitragen, dass ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar (75 Milliarden Euro) an ärmere Staaten gezahlt werden kann.

KURZFRISTIGE KLIMAHILFEN: Als konkretes Ergebnis von Kopenhagen hatten die Industrieländer insgesamt 30 Milliarden Dollar (23 Mrd Euro) für 2010 bis 2012 zugesagt. Das Cancún-Papier drängt die Industriestaaten nun auf mehr Transparenz darüber, woher das Geld kommt und ob es schon einmal versprochen wurde.

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