Kardiologe warntLuxemburger ernähren sich eher schlecht als recht
LUXEMBURG – Adipositas ist in vielen Ländern, darunter auch im Großherzogtum, längst zu einer Volkskrankheit geworden. Die Regierung sagt dem den Kampf an und plant die Einrichtung eines «Observatoriums für Konsum».
- von
- Olivier Loyens

Daten aus dem Jahr 2019 zufolge, sind mittlerweile 16,5 Prozent der Erwachsenen in Luxemburg von Adipositas betroffen.
«Wir wissen, wie viele Eier in Luxemburg produziert werden, aber wir wissen nicht, wie viele wir essen», bedauert Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) auf einer Tagung mit dem Titel «Was werden wir morgen essen?». Die LSAP-Ministerin prangert gleichzeitig den Mangel an verlässlichen Daten, in puncto Lebensmittelkonsum an. «Damit Politiker fundierte Entscheidungen treffen können, müssen sie sich auf zuverlässige Daten stützen können», so Paulette Lenert weiter. Die Einrichtung eines «Observatoriums für Konsum» würde diesem Problem nach Ansicht der Gesundheitsministerin entgegenwirken.
Um solche Daten künftig evaluieren zu können, hat Landwirtschaftsminister Claude Haagen (LSAP) angekündigt, dass im April eine Ilres-Umfrage unter Verbrauchern und Erzeugern durchgeführt werden soll. Ziel sei es, ihre Erwartungen und Befürchtungen in Bezug auf Einkaufsgewohnheiten und ein nachhaltiges Lebensmittelsystem zu ermitteln. Der Kardiologe Philippe Müller warnt indes: «Luxemburg ernährt sich insgesamt sehr schlecht. Es gibt viel zu viel Salz und Zucker auf unseren Tellern.» Diese These kann auch durch Zahlen gestützt werden: Statistiken von 2019 zufolge sind mittlerweile 16,5 Prozent der Erwachsenen von Adipositas betroffen. Nach Ansicht des Experten, sei es allerhöchste Zeit, unsere Essgewohnheiten zu ändern. Dafür sollten «gesunde Produkte zugänglich und erschwinglich sein», so der Fachmann.
«Lebensmittelpreise beruhen nicht auf Angebot und Nachfrage»
Eine Vorhaben, welches nicht einfach zu bewältigen ist, da «viele Menschen im Land immer weniger Geld» zur Verfügung haben, um sich gesund und nachhaltig zu ernähren, erklärt Carole Reckinger, politische Sprecherin der Caritas Luxemburg. «Die Art und Weise, wie die Lebensmittelpreise festgelegt werden, beruht nicht auf Angebot und Nachfrage, sondern auf Machtverhältnissen», so Olivier de Schutter, Professor an der Katholischen Universität Löwen und ehemalige UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung. Seiner Ansicht nach sollte es auf der Staatsagenda weit oben stehen, gesunde Lebensmittel zu subventionieren, denn dadurch können die Gesundheitsausgaben zur Behandlung der gesundheitlichen Folgen im Zuge von ungesunder Ernährung reduziert werden. «Eine Ernährungsstrategie kann nicht ohne eine soziale Strategie auskommen», betont der Professor.
Anne Harles, Geschäftsführerin des Bioladens Alavita, schlägt vor, Werbung für ungesunde Lebensmittel zu verbieten. Auch Forderungen nach einer stärkeren Besteuerung für verarbeitete Produkte werden in der Politik laut, während andere darauf verweisen, eine gesunde Ernährung schon in den Kindertagesstätten und Kantinen zu etablieren. Ein erster Schritt in diese Richtung ist getan: Bis 2025 müssen staatlich subventionierte Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung 50 Prozent der Produkte aus der luxemburgischen Landwirtschaft anbieten, davon zwei Fünftel aus biologischem Anbau und drei Fünftel aus der lokalen Landwirtschaft, wobei Produzenten, die auf biologische Produkte umstellen, bevorzugt werden.
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