Pierre Reding im Interview«Luxemburgisch ist keine ausschließlich gesprochene Sprache mehr»
LUXEMBURG – Pierre Reding ist seit dem 1. Januar 2023 Kommissar für die luxemburgische Sprache. Im Interview spricht er mit uns über die Herausforderungen seines neuen Amtes.
- von
- Joseph Gaulier

Pierre Reding muss den Aktionsplan für die luxemburgische Sprache umsetzen, der im Dezember vorgestellt wurde.
Was sind Ihre Hauptaufgaben in Ihrem neuen Amt?
Ich habe den Posten mit einer Menge Hausaufgaben übernommen. Mein Vorgänger hat einen Aktionsplan mit 50 Maßnahmen vorgelegt, um die Relevanz der luxemburgischen Sprache wieder zu steigern. Dafür muss ich Pläne für die einzelnen Ministerien ausarbeiten. Außerdem versuche ich, als Anwalt der Sprache zu agieren, da wir sowohl ein luxemburgisch- als auch ein mehrsprachiges Land sind.
Welche Maßnahmen des Plans liegen Ihnen am meisten am Herzen?
Der Spracherwerb betrifft alle Altersgruppen. Daher müssen wir uns anpassen, beispielsweise an Menschen, die nicht lesen können. Oder auch an das Personal aus dem Pflegebereich, der Gastronomie und dem Handel. Hier braucht es Kurse, orientiert am beruflichen Kontext, damit sie das im Beruf verwendete Vokabular und die entsprechenden Sätze lernen.
Wächst die Nachfrage nach Methoden des Erlernens der luxemburgischen Sprache?
Am Nationalen Spracheninstitut (INL) haben sich zum ersten Mal mehr Menschen für Luxemburgisch- als für Französischkurse angemeldet. Französisch wird in erster Linie für Geflüchtete angeboten, da es mehr Türen auf dem Arbeitsmarkt öffnet. Es ist eine große Herausforderung, Ausbilder zu finden und passende Methoden zu entwickeln. Das müssen wir selbst tun, da kein anderes Land diese Aufgabe übernehmen kann. So hat Luxemburg «Léier Lëtzebuergesch Online» (LLO) – eine Plattform zum Erlernen der luxemburgischen Sprache – entwickelt.
Entwickeln sich andere Sprachen schneller?
Es interessieren sich viel mehr Menschen für Luxemburgisch als früher. Dies spiegelt durchaus eine gestiegene Nachfrage wider. Früher war es lediglich eine ausschließlich und nur von wenigen gesprochene Sprache. Meinen Eltern habe ich beispielsweise immer auf Deutsch geschrieben, während ich auf Luxemburgisch noch nie eine Postkarte verfasst habe. Das hat sich mit den neuen Medien und Kommunikationsmitteln mittlerweile verändert.
Wie kann man die luxemburgische Sprache präsenter machen?
Französisch bleibt die Verwaltungssprache. Daher ist es normal, dass sie dominiert, aber die beiden Sprachen schließen sich nicht aus. Auf einer Ministeriums-Homepage könnte man beispielsweise eine Luxemburgisch-Version anbieten unter den Sprachoptionen, oder zumindest eine Zusammenfassung. Aber wir werden nicht alle Rechtsvorschriften übersetzen, denn wir verfügen nicht immer über das Vokabular und es wäre auch nicht sonderlich hilfreich.
Ist Luxemburgisch eine Integrationssprache?
Mit Französisch kann man durchaus überleben, da Menschen sich häufig in Kreisen bewegen mit Personen, die die selbe Sprache sprechen. Aber um in Einrichtungen wie Sportvereinen zu kommunizieren, ist Luxemburgisch von großem Vorteil.
Was halten Sie von der Entwicklung moderner Hilfsmittel?
Wir nehmen derzeit Kontakt zu allen Softwareanbietern auf und werden von Entwicklern um Hilfe gebeten. Sie möchten finanzielle Unterstützung, da der Markt in Luxemburg recht überschaubar ist. Wir können jedoch nicht alle Bereiche abdecken. Ein Beispiel dafür wäre die Rechtschreibprüfungen.