Jahrestag des SkandalsMadoff-Sohn nimmt sich das Leben
Der ältere Sohn des Milliardenbetrügers Bernard Madoff hat sich allem Anschein nach selbst umgebracht. Der 46-Jährige scheint die öffentlichen Schmähungen nicht mehr ertragen zu haben.

Was wusste Mark Madoff von den Machenschaften seines Vaters? Nichts, beteuerte er bis zum Schluss. Das kann nicht sein, sagten die Opfer, schließlich habe er über Jahrzehnte in der Investmentfirma von Bernard Madoff mitgearbeitet. Die Wahrheit wird vielleicht nie ans Licht kommen - am Samstagmorgen ist Mark Madoff erhängt aufgefunden worden, am Jahrestag der Enthüllungen über seinen Vater.
Alles sieht nach Selbstmord aus. «Mark hat dem zwei Jahre währenden Druck von falschen Anschuldigungen und Andeutungen nicht mehr standgehalten», sagen seine Anwälte. Aus einem gern gesehenen Mitglied des New Yorker Geldadels war über Nacht eine Persona non grata geworden. Marks Frau Stephanie änderte sogar ihren Nachnamen - sie sagte, die Familie habe Morddrohungen erhalten.
Marc Madoff bekam «astronomisches Gehalt»
Mark und sein jüngerer Bruder Andrew arbeiteten als Wertpapier-Händler in der Firma des Vaters. Das Geschäft lief oberflächlich betrachtet gut, was die ganze Familie deutlich sichtbar nach außen zeigte, wie ihnen der Treuhänder der Madoff-Betrugsopfer in einer Klage vorwarf. «Mark Madoff hatte einen teuren Lebensstil», stellte der Jurist Irving Picard fest, «mit Häusern in Manhattan, Nantucket und Greenwich in Connecticut.»
Alles - von der Matratze, auf der er geschlafen habe, über den Fernseher in seinem eigenen Fitnessstudio bis hin zur Außendusche - hätten die Anleger von Bernard Madoffs Schneeballsystem bezahlt, listete der Treuhänder auf. Mark Madoff habe ein «astronomisches Gehalt» bekommen. Insgesamt forderte Picard 66,9 Millionen Dollar von ihm zurück - es wäre der finanzielle Ruin gewesen.
Söhne hatten Vater angezeigt
Nach Ansicht des Treuhänders muss Mark Madoff etwas von den Betrügereien seines Vaters mitbekommen haben. Nachgewiesen werden konnte jedoch weder Mark noch seinem Bruder Andrew etwas. Die Ermittlungen verliefen im Sand. «Mark ist ein unschuldiges Opfer der ungeheuerlichen Verbrechen seines Vaters geworden», erklärten seine Anwälte nach dem wahrscheinlichen Suizid.
Nach offizieller Lesart der Geschichte hatten Mark und Andrew den 65-Milliarden-Dollar schweren Schwindel sogar auffliegen lassen. Vor zwei Jahren gestand ihnen ihr Vater, dass er die hohen Ausschüttungen an seine Anleger schlicht mit dem Geld neuer Investoren bezahlte. Doch das Schneeballsystem kam in der Finanzkrise ins Stocken. Mark und Andrew gingen zur Polizei. Am nächsten Morgen nahm die Bernard Madoff fest. Er sitzt nun für den Rest seines Lebens ein.
Wieder in Bankerszene Fuß fassen
Die Söhne sollen seit diesem Zeitpunkt kein Wort mehr mit dem Vater gesprochen haben. Von großer Verbitterung ist die Rede. Der jüngere Andrew kam jedoch laut «Wall Street Journal» besser mit der Situation zurecht. Er, der eine schwere Krankheit überlebt hatte, stürzte sich in den Radsport und fuhr mehr als 160 Kilometer am Tag. Einen neuen Job fand er im Beratungsgeschäft seiner Verlobten.
Mark versuchte derweil, über seine Kontakte in die Bankerszene wieder in seinem alten Gewerbe Fuß zu fassen. Doch er kassierte Absagen am laufenden Band.
Toter hinterlässt Frau und vier Kinder
Dabei galt er eigentlich als der selbstbewusstere und geselligere der beiden Brüder. Bei den Kollegen sei er beliebt gewesen, schrieb das «Wall Street Journal», er sei oft mit ihnen ausgegangen.
Mark Madoff hatte direkt nach dem Studium in der Investmentfirma seines Vaters angefangen. Als diese unterging, brach ein wichtiger Teil seines Lebens weg. Mark Madoff hinterlässt eine Frau und vier Kinder.
(dpa)