«Kollektive Hysterie»Marine Le Pen vor Wahlen im Aufwind
Zwei Monate nach den islamistischen Anschlägen von Paris gibt es in Frankreich Départementswahlen. Dabei interessiert: Wie stark werden die Rechtsextremen?

Staatschef François Hollande ruft vor den Départementswahlen zur «Mobilisierung» der Wähler gegen die rechte Welle auf.
Das politische Frankreich ist hypernervös. Dabei geht es eigentlich nur um Départementswahlen und viele Franzosen werden - wenn überhaupt - wohl eher lustlos zu ihren Wahlbüros gehen. Dennoch könnte das Ergebnis Frankreich erschüttern. Denn die Umfragen bescheinigen der rechtsextremen Front National (FN) der Marine Le Pen gute Aussichten. Wenn am Sonntag und eine Woche später in den 96 Kreisen des Landes und fünf Übersee-Départements abgestimmt wird, könnte dem Rechtspopulismus ein Durchbruch gelingen.
Ein Durchbruch, der zwei Jahre vor der nächsten Präsidentenwahl voll auf die nationale Politik des Landes durchschlägt. Wer verbündet sich also mit wem in der Stichwahl jeweils dort, wo Le Pen nach dem ersten Wahlgang vorn liegt? Staatschef François Hollande ruft schon zur «Mobilisierung» der Wähler gegen die rechte Welle auf. Während die regierende Sozialistische Partei PS und die konservative UMP des Ex-Staatschefs Nicolas Sarkozy händeringend nach Strategien suchen, um sich selbst zu behaupten und noch rasch einen Damm gegen Le Pen zu bauen, kann diese in selbstbewusstem Spott schwelgen.
Rechtsextremen glänzen in Umfragen
«Nun haben sie in folgenden drei Punkten das gemeinsame Programm wiederbelebt», ging die FN-Chefin auf einer Wahlveranstaltung auf ihre nervösen Gegner ein: «Gegen die Front National kämpfen, die Front National angreifen, die Front National schlagen.» Mehr denn je drehe sich das politische Leben Frankreichs um sie und ihre Partei. Die politische Klasse blicke mit «kollektiver Hysterie» auf die FN. Wo nimmt Marine Le Pen nur das viele Oberwasser für diese Häme her? Die Rechtsextremen glänzen in Umfragen. In der ersten Runde am 22. März können sie mit etwa 30 Prozent der Stimmen rechnen - und lägen damit knapp vor dem konservativen Bündnis UMP/UDI und den dramatisch weit abgeschlagenen Sozialisten.
Vor allem für Sarkozy ist diese Zwischenwahl ein erster ganz großer Test: Wieder Chef der konservativen Oppositionspartei UMP, möchte er allem Anschein nach bei der Wahl des Staatspräsidenten im Jahr 2017 auch wieder der Kandidat des rechten Lagers für den Élysée sein.
Sozialisten befürchten Desaster
Gerade die Sozialisten blicken angespannt und mit tiefen Sorgenfalten auf die Wahlen. Sie befürchten ein Desaster. Hollande und sein Premier Manuel Valls haben unisono schon angekündigt, dass auch ein schmachvolles Abschneiden bei den Départementswahlen in der Regierung wenig verändern wird. Valls hat aber «Angst um sein Land». Er befürchtet einen FN-Erfolg 2017 bei der absehbar erbarmungslosen Schlacht um den Präsidentenpalast.
Die Umfrageergebnisse lassen darauf schließen, dass viele Franzosen die Truppen Marine Le Pens nicht mehr «verteufelt» sehen wollen, ein Aufruf zur «republikanischen Front UMP-PS» gegen die Rechtsextremen also nicht mehr zieht. Und der Anerkennungsbonus der Bürger für den sozialistischen Präsidenten wegen seines staatsmännischen Auftretens nach den islamistischen Terroranschlägen im Januar in Paris scheint verpufft. Die Linke ist insgesamt zerstritten und die Politik des Regierungschefs Manuel Valls gerade in der eigenen Partei umkämpft.
(L'essentiel/dpa)