Richard MooreMI6-Chef warnt vor Gefahren der «großen Vier»
Richard Moore ist seit Oktober 2020 Chef des britischen Auslandsgeheimdienstes, traditionell «C» genannt. Jetzt hat er sein erstes öffentliches Interview gegeben.

China, Russland, Iran und der internationale Terrorismus – diese «großen Vier» nennt der Chef des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6 als die Hauptbedrohungen für die nationale Sicherheit Großbritanniens und für die Arbeit westlicher Nachrichtendienste im allgemeinen.
Richard Moore zufolge bedroht China mit «Schulden- und Datenfallen» die nationale Souveränität von Staaten. Das Land habe die Möglichkeit, «Daten aus der ganzen Welt zu sammeln» und nutze seine Wirtschaftspolitik, um Abhängigkeiten zu schaffen, so der MI6-Chef, traditionellerweise «C» genannt (nach dem ersten MI6-Chef Sir Mansfield Smith-Cumming).
«Vorsichtig signalisieren, welchen Preis die Russen zahlen müssten»
Auch Russland sei eine «akute Bedrohung», so der Spionage-Experte, der im Oktober 2020 die Führung des MI6 übernommen hatte. Angesichts der sich wiederholender Anspannungen mit der Ukraine sorge man sich zunehmend über die Truppenaufstockung und die Absichten von Präsident Putin.
«Deshalb muss man die Situation sehr genau beobachten und den Russen sehr vorsichtig signalisieren, welchen Preis sie zahlen müssten, wenn sie wie 2014 intervenieren würden», so Moore. Er fügte an: «Dahinter steckt keine feindliche Absicht. Wir versuchen nicht, Russland einzukreisen, wir versuchen nicht, es an der Verfolgung seiner legitimen Interessen zu hindern.»
«Moral-Booster für jene, die in Peking, Teheran und Moskau sitzen»
Dass die westlichen Geheimdienste im Spätsommer angesichts der rasanten Einnahme der afghanischen Hauptstadt versagt hätten, weist der Geheimdienstchef von sich. «Ehrlich, selbst wenn wir jedes einzelne Mitglied der Shura der Taliban, also der Führungsgruppe der Taliban, als Agent rekrutiert hätten, hätten wir den Fall Kabuls dennoch nicht vorhersehen können, zumal das nicht einmal die Taliban taten», sagte der Geheimdienstchef weiter.
Es gäbe aber keine Ausrede dafür, dass der Sieg der Taliban ein «ernster Rückschritt» sei. Er sei besorgt, dass dieser Sieg «ein Moral-Booster für Extremisten aus aller Welt ist, und vor allem für jene, die in Peking, Teheran und Moskau sitzen.»
MI6 will mehr mit Privatwirtschaft arbeiten
Auf die Zukunft des britischen Auslandgeheimdienstes angesprochen, sagte Moore: «Der MI6 befasst sich mit der Welt, wie sie ist, nicht wie wir sie gerne hätten». Dazu gehöre es, sich mehr zu öffnen und auch mit der Privatwirtschaft zusammenzuarbeiten, um neue Technologien zu durchdringen. «Wir können nicht darauf hoffen, die weltweite Tech-Industrie nachzubilden, also müssen wir sie erobern.»
«Unsere Gegner investieren Geld und Ehrgeiz in die Beherrschung von künstlicher Intelligenz, Quanten-Computer und synthetischer Biologie, weil sie wissen, dass ihnen das Einfluss bescheren wird», sagte «C» weiter.
Moore hatte im Oktober 2020 die Führung des MI6 übernommen. Der BBC gab er jetzt sein erstes öffentliches Interview.
(L'essentiel/gux)