Handelsabkommen Ceta«Mir ist das persönlich relativ schnurzegal»
Die EU-Kommission will das Ceta-Freihandelsabkommen mit Kanada ohne die nationalen Parlamente abschließen. Beim EU-Gipfel erfährt Präsident Juncker scharfen Gegenwind.

Jean-Claude Juncker ist es «schnurzegal», ob die nationalen Parlamente ein Mitspracherecht beim Handelsabkommen Ceta bekommen sollen.
Zwischen Jean-Claude Juncker und Angela Merkel treten momentan wieder Meinungsverschiedenheiten auf: Anders als zunächst der EU-Kommissionschef will Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel den Bundestag in die Befassung mit dem europäisch-kanadischen Handelsabkommen Ceta einbeziehen. «Wir werden den Bundestag um Meinungsbildung bitten», sagte sie in Brüssel. Es gebe gute Gründe, die nationalen Parlamente damit zu befassen.
Zuvor war bekanntgeworden, dass die EU-Kommission die Parlamente der europäischen Staaten nicht in die Entscheidung über das Abkommen einbinden will. An der Ratifizierung wäre dann nur das EU-Parlament beteiligt. Dazu sagte Merkel, die Kommission habe zunächst nur ihre Rechtsauffassung dargelegt. Das sei kein Grund, sie dafür «an den Pranger zu stellen». Koalitionspartner SPD hatte zuvor von einem «törichten» Schritt der Kommission gesprochen. Auch aus anderen europäischen Ländern hörte man Kritik.
«Hören Sie mit dem Klamauk auf»
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker räumt nun ein, dass eine Behandlung auch durch die nationalen Parlamente in Erwägung gezogen werden müsse. Eine Mehrheit der Mitgliedstaaten sei dieser Auffassung. Die Brüsseler Behörde werde in den kommenden Tagen neu nachdenken. Tags zuvor hatte Juncker den österreichischen Regierungschef Christian Kern noch auflaufen lassen. Kern hatte am Dienstag vor dem Gipfel beklagt, dass es der EU viel Glaubwürdigkeit kosten werde, das Freihandelsabkommen in einem schnellen «Ruck-Zuck-Verfahren» durchzusetzen. Juncker antwortete ihm: «Hören Sie mit dem österreichischen Klamauk auf.»
Die Frage der Zuständigkeit sei auf Grundlage einer juristischen Analyse beantwortet worden, argumentierte Juncker am Mittwoch beim EU-Gipfel. Es sei absurd zu behaupten, dass er persönlich ein Mitspracherecht nationaler Parlamente verhindern wolle. «Mir ist das persönlich (...) relativ schnurzegal», sagte der Luxemburger.
Sorge vor Blockade
In Berlin und auch in Wien wird die Beteiligung der Parlamente wegen der kritischen Öffentlichkeit für unverzichtbar gehalten. In der EU-Kommission besteht jedoch seit längerem die Sorge, dass Parlamente einzelner Staaten die Weiterentwicklung der europäischen Handelspolitik blockieren und Europa damit handlungsunfähig machen könnten. Im normalen EU-Gesetzgebungsverfahren stimmen über die Vorschläge der Kommission allein die Mitgliedstaaten im Europäischen Rat und das Europaparlament ab.
Ceta gilt als Blaupause für das Mega-Abkommen TTIP mit den USA. Beide Verträge sollen für mehr Wachstum im Handel mit Nordamerika sorgen. Umwelt- und Verbraucherschützer fürchten eine Senkung von Standards.
Was das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA angehe, habe es keine Einwände gegeben, dass die Kommission die Verhandlungen mit Washington fortsetze, berichtete Juncker weiter. Auch Merkel sagte, es gebe einen klaren Auftrag für weitere Verhandlungen. Daran ändere die britische Brexit-Entscheidung nichts.
(L'essentiel/dpa)