«Winnetou»-Neuverfilmung – Mit Sixpack in den Sonnenuntergang

Publiziert

«Winnetou»-NeuverfilmungMit Sixpack in den Sonnenuntergang

Der Apachen-Häuptling kämpft jetzt oben ohne. Es ist eine der vielen Änderungen im neuen RTL-Dreiteiler «Winnetou». Weihnachten kann kommen.

Die Fußball-Bundesliga nimmt ihren regulären Betrieb auf. Freddy Quinn stürmt mit «Junge, komm bald wieder» die Hitparaden. Quentin Tarantino wird geboren. Und das ZDF geht erstmals auf Sendung. Lang, lang ist es her. 1963 wars. Im selben Jahr erscheint auch der erste Teil von «Winnetou» in den Kinos.

Mehr als ein halbes Jahrzehnt später wagt sich RTL an eine Neuverfilmung des Karl-May-Klassikers. RTL, ausgerechnet. Der «Ballermann unter den deutschen TV-Sendern», wie ihn «Der Spiegel» nennt. Wobei: Die Kölner haben schon mit «Deutschland 83» bewiesen, dass sie mehr können als «Familien im Brennpunkt» oder «Der Blaulicht-Report».

Gedämpfter Fisch und Gemüse

Und so wurde Nik Xhelilaj als neuer Winnetou verpflichtet. 33 Jahre alt ist er, ein gebürtiger Albaner, der noch nicht wirklich Deutsch spricht. Dafür kennt er sich mit gesunder Ernährung aus: Xhelilaj ass während der Dreharbeiten in Kroatien fast nur Fisch und Gemüse, keine Kohlenhydrate. Fettarm halt. Was wohl sein Vorgänger, der im Sommer 2015 verstorbene Pierre Brice, das Mannsbild, dazu sagen würde? Alles neu macht der May.

Sein Freund Old Shatterhand, nun gespielt von Wotan Wilke Möhring (49, «Tatort»), tickt da schon ein wenig anders: Der verdrückt auch so zwischendurch gern mal ein saftiges Stück Pizza. In den Sonnenuntergang reiten können die beiden trotzdem zusammen. Xhelilaj darf dabei aber zusätzlich noch stolz sein antrainiertes Sixpack zur Schau stellen.

So teuer wie zehn «Tatort»-Krimis

Im modernen Dreiteiler, der an den Weihnachtstagen ausgestrahlt wird, weicht RTL immer mal wieder von der Buchvorlage ab, ohne das Original jedoch albern wirken zu lassen. So lässt Produzent Christian Becker («Fack ju Göhte») einem zeitlauteren Frauenbild durchaus Raum. Außerdem hat Old Shatterhand, Indianer-Ehrenwort, tatsächlich Sex. Und macht sich schon mal Gedanken über seine Zukunft. Sowas von 2016 aber auch.

13 Millionen Euro haben die drei Filme insgesamt gekostet – so viel wie zehn «Tatort»-Krimis zusammen. 13 Millionen für Landschaft, Lauern und Lagerfeuer.

Kritik im Internet

Ob sich der Aufwand gelohnt hat? «Es gibt nur einen Winnetou, und der heißt Pierre Brice», ist etwa auf Facebook zu lesen. Oder: «Nun schließt sich auch der deutsche Markt dieser unseligen Remake-Hysterie an.» Trotzdem werden über die Feiertage viele einschalten. Auch wenn heutzutage wohl kein Kind mehr heimlich mit der Taschenlampe unter der Bettdecke Karl-May-Romane liest.

Ein Quotendesaster wie bei «Deutschland 83» dürfte RTL trotzdem erspart bleiben. Zu groß ist die Neugier, nicht nur bei der etwas älteren Generation, auf den zeitlauten Winnetou. Zu stark der Wunsch nach etwas Nostalgie im heimeligen, vom Tannenbaum beleuchteten Wohnzimmer. Guter alter Wilder Westen.

«Winnetou», am 25., 27. und 29. Dezember jeweils um 20.15 Uhr bei RTL.

(L'essentiel)

Deine Meinung