Cleveland-EntführungMitgefangene entband Amandas Baby
Ariel Castro wird wegen Entführung und Vergewaltigung angeklagt. Seine Brüder sind frei. Derweil kommen neue grausame Details zur Gefangenschaft ans Licht.

Der mutmaßliche Kidnapper junger Frauen in Ohio wird wegen vierfacher Entführung und dreifacher Vergewaltigung angeklagt. Ariel Castro werde am Donnerstag vor Gericht zur offiziellen Anklageverlesung erscheinen, sagte der zuständige Staatsanwalt am Mittwoch (Ortszeit) in Cleveland.
Gegen seine beiden ebenfalls festgenommenen Brüder gebe es hingegen keine rechtlichen Vorwürfe in dem Fall. Sie hätten weder von den Entführungen noch von der Gefangenschaft etwas gewusst. Der 52 Jahre alte ehemalige Schulbusfahrer habe Amanda Berry, Gina DeJesus und Michelle Knight rund ein Jahrzehnt in seinem Haus festgehalten und vergewaltigt, sagte der Staatsanwalt.
Die Freiheitsberaubung von Berrys kleiner Tocher, die während der Gefangenschaft zur Welt kam, werde in der Anklage als vierter Entführungsfall behandelt.
Kind von Mitgefangener entbunden
Wie CNN unter Berufung auf eine Polizeiquelle berichtet, habe eine Mitgefangene das Kind von Amanda Berry entbunden. Castro habe Michelle Knight gepackt und sie gezwungen, die Entbindung durchzuführen. Als das Kind auf der Welt war, habe es zunächst aufgehört zu atmen. Da habe Castro geschrien: «Wenn das Baby stirbt, töte ich dich.»
Die Tochter von Amanda Berry wurde am 25. Dezember 2006 geboren. Ein Vaterschaftstest soll Klarheit zur Identität des Erzeugers bringen. «Es ist unglaublich, dass eine Frau, die keine Ahnung vom Gebären hat, ein Baby zur Welt bringt, das jetzt ein gesundes, 6-jähriges Mädchen ist», sagt die Quelle zu CNN.
Die Opfer waren am Montag aus dem Haus entkommen - es sei ihre erste Fluchtgelegenheit seit zehn Jahren gewesen, sagte Amanda Berry zur Polizei. Diese geht laut Reuters davon aus, dass die Opfer das Wohngelände während dieser ganzen Zeit nie verlassen haben.
Wochenlang gehungert
Um sicherzustellen, dass seine Gefangenen nicht flüchteten, testete sie Castro immer wieder. Er tat so, als würde er weggehen, kam aber kurz darauf wieder zurück. Wenn sich eine der Frauen auf unerlaubte Weise bewegt hatte, wurde sie bestraft.
Nur zwei mal seien die Frauen außerhalb des Hauses gewesen: Dabei sind sie lediglich auf dem Grundstück oder in der Garage gewesen. Beide Male mussten sie Perücken und Hüte zur Tarnung anziehen.
Laut eines Polizeiberichts wurden die drei jungen Frauen zeitweise im Keller gefangen gehalten, wo sie mit Seilen und Ketten angebunden waren. Immer wieder verwehrte ihnen Castro während längerer Zeit das Essen. Die Frauen lebten in separaten Räumen, kannten einander aber.
Castro wird beschuldigt, für die fünf Fehlgeburten verantwortlich zu sein, die eine der Frauen erlitten hat – um welche es sich dabei handelt, ist nicht klar. Er ließ sie nach ihren eigenen Angaben wochenlang hungern und schlug ihr immer wieder in den Magen.
(L'essentiel Online/rey/sda)
Amanda Berry als Heldin gefeiert
Die spektakuläre Befreiung der drei seit Jahren vermissten Frauen in Cleveland sorgt in den USA für große Freude. Während die Ermittlungen am Mittwoch auf Hochtouren liefen, wurde das befreite Entführungsopfer Amanda Berry als Heldin gefeiert.
Nach zehn Jahren Gefangenschaft war es Berry am Montag gelungen, aus dem Haus des mutmaßlichen Entführers entkommen. «Amanda hier ist die echte Heldin», sagte der stellvertretende Polizeichef Ed Tomba. «Sie hat die Sache ans Laufen gebracht (...) Ohne sie wären wir jetzt nicht hier.»
Nach Berrys Flucht wurden auch Gina DeJesus und Michelle Knight aus dem Haus befreit. Beide waren wie Berry zwischen 2002 und 2004 zuletzt gesehen worden. Ein ebenfalls befreites sechsjähriges Mädchen soll die Tochter von Amanda Berry sein.