Post-ApokalypseNetflix' Antwort auf «The Walking Dead»
Tödliche Killerviren im Regenwasser legen Skandinavien in Schutt und Asche. In der dänischen Netflix-Serie «The Rain» kämpfen die wenigen Verbliebenen ums nackte Überleben.

Während Wasser zwar allgemein als Zeichen für Leben und Wachstum steht, kehrt die erste dänische Netflix-Produktion «The Rain» dieses Sinnbild ins Gegenteil um und versetzt das kühle Nass einfach mal mit einem unerbittlichen Killervirus. Der titelgebende Regen, der durch die Hand ominöser Wissenschaftler zu einer tödlichen Waffe mutiert, ist der eigentliche Gegenspieler in dieser – vollkommen zurecht – gehypten neuen Serie des Streaming-Giganten.
Odyssee durch eine tote Welt
Das Geschwisterpaar Simone und Rasmus muss den grausamen Tod ihrer Mutter mitansehen und sitzt sechs Jahre in einem unterirdischen Bunker fest, während draußen Skandinavien elendiglich zugrunde geht. Als die beiden Geschwister – inzwischen halbwegs erwachsen geworden – dazu gezwungen werden, ihr sicheres Versteck aufzugeben, beginnt ihre Odyssee durch ein post-apokalyptisches Dänemark.
Im Stil von anderen bekannten «Die Welt ist nicht mehr, wie sie mal war»-Serien, schließen sie sich einer Gruppe Überlebender an und machen sich auf die Suche nach Antworten, Nahrung und einem besseren Leben. Die einzelnen Charaktere wirken anfangs etwas klischeehaft. Grund genug, für jeden Zuschauer, sich seinen persönlichen Favoriten zu suchen: Der mysteriöse Anführer, der Rebell, die Zicke, der Nerd und natürlich die hochanständige Blondine.
Selbstfindungstrip und Apokalypse
Den Unterschied zu Titeln wie «The Walking Dead» macht hier vor allem die Charakterentwicklung aus. Auf übertrieben viele und brutale Gewaltszenen verzichtet «The Rain» weitestgehend. Stattdessen lernt der Zuschauer sowohl in Rückblenden, als auch mit Voranschreiten der Story die Hintergründe, Geheimnisse und Wünsche der Protagonisten kennen.
Neben dem verzweifelten Versuch, dem tödlichen Regen zu entwischen, müssen Rasmus und Simone auch mit den zarten Banden erster Liebe, ihrem Hormonhaushalt und dem Erwachen jugendlicher Sexualität zurechtkommen. Es sind also nicht nur die realen Widersacher, die sich ihnen in den Weg stellen – die Teenager müssen auch gegen die Monster der Erwachsenwerdens ankämpfen.
Makabre Stimmung und tolle Bilder
Im Gegensatz zu hysterischen Ami-Produktionen sind sowohl Charaktere als auch Storyline relativ unaufgeregt. Die Serie lässt den Zuschauern genug Raum und Zeit sich in die Personen und ihre Situation hineinzuversetzen. Fast wünscht man sich, man könnte selbst mit den Geschwistern und ihrer Gruppe durch das zerstörte Kopenhagen schlendern und in einer verlassenen Burger-King-Filiale nach halbverdorbenen Essensresten suchen.
Style und Aufmachung des dänischen Thrillers erinnern stark an die deutsche Produktion «Dark», die vergangenes Jahr Genre-Maßstäbe setzte und nicht-englischsprachige Serien endgültig zu internationaler Anerkennung verhalf. Die düstere Stimmung und Farbgebung in Verbindung mit wirklich wunderschönen und makaberen Szenenbildern machen «The Rain» nicht nur inhaltlich, sondern auch visuell zu einem kleinen Meisterwerk.
(L'essentiel/Tilllate)