Besuch vom Staatsschutz – NSA-Protestaktion endet mit Verhör

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Besuch vom StaatsschutzNSA-Protestaktion endet mit Verhör

Ein Deutscher rief online zur Wanderung zu einem NSA-Komplex in Hessen auf, um «Spione in freier Natur zu beobachten». Wenig später klopfte der Staatsschutz an die Tür.

Demo vor dem Dagger-Komplex.

Demo vor dem Dagger-Komplex.

Flickr/Joachim S.Müller/CC by-sa

In Griesheim nahe Darmstadt betreiben die USA die «Local Training Area 6910», die auch Dagger Complex genannt wird. Was Uncle Sam hier genau tut ist unklar – doch die Anwohner vermuten schon lange, dass die National Security Agency (NSA) die Anlage betreibt. Auch Daniel Bangert glaubt, dass dort Schlapphüte am Werk sind: Der 28-Jährige hat deshalb den NSA-Spion-Schutzbund e.V. ins Leben gerufen und sich selbst zum Vorstand erklärt.

In dieser Funktion rief Bangert via Facebook für Samstag, den 13. Juli um 15 Uhr zu einem Marsch zum Dagger Complex auf. Nicht aus Protest, sondern in bester Forscher-Absicht: Spione sollten «in freier Natur» beobachtet werden. Teilnehmer sollten Kameras, Verkleidungen und Verpflegung mitnehmen, weil der Lebensraum der Agenten so karg sei. Dass der geplante Ausflug Satire ist, kann eigentlich niemand überlesen:

«Ganz nach dem Vorbild der von uns geschützten Art, der NSA-Spione, wollen wir uns an den Ort des Geschehens begeben. Vor Ort können wir dann gemeinsam den bedrohten Lebensraum der NSA-Spione erforschen und uns über ihre Tages- und Nachtbeschäftigungen austauschen. Wenn wir ganz viel Glück haben, bekommen wir vielleicht sogar einen echten NSA-Spion mit unseren eigenen Augen zu sehen.»

Bevor es zu dem Ausflug kommen konnte, klingelte fünf Tage nach dem Aufruf Bangerters Handy. Am 10. Juli um 7.17 Uhr beschied ihm die Polizei, sie wolle über seine Pläne reden. Gleichzeitig klingelte es an der Tür und die Polizei am Telefon befahl dem Zivilisten, mit der Polizei an seiner Haustür zu reden. Wie der «Griesheimer Anzeiger» berichtete, versuchte der junge Mann der Staatsmacht zu erklären, es handle sich bloß um ein «heiteres Beisammensein».

«Du musst aufpassen, nachher kommst Du ins Gefängnis»

Bald darauf rief der Staatsschutz Bangert an und eröffnete ihm, die Amerikaner hätten auf seine Pläne aufmerksam gemacht. Der Beamte des ZK10 kam sogar zum Hausbesuch und fragte nach Verbindungen zu Autonomen Gruppierungen wie dem «Schwarzen Block». Es sei «gängige Praxis», dass der Staatsschutz solche Nachforschungen anstellte, sagte der deutsche Staatsschützer. Bangert ließ sich nicht einschüchtern. Auch nicht von seiner Großmutter. «Meine Oma war sauer auf mich. ‹Du musst den Mist wieder anführen. Du musst aufpassen, nachher kommst Du ins Gefängnis›», sagte er dem «Spiegel».

Doch so schnell kommt man in Deutschland nicht mehr ins Gefängnis. Das musste nun auch der Innenminister zugeben, der sich nach seiner USA-Reise zu einer dreisten Lüge hinreißen ließ. Hans-Peter Friedrich hatte behauptet, durch Prism und Co seien 45 Anschläge vereitelt worden, von denen fünf in Deutschland stattfinden sollten. An einer Pressekonferenz am 15. Juli musste der CDU-Mann nun laut «Süddeutscher Zeitung» zurückrudern. Teilweise auch seien nur «Überlegungen» für Anschläge durchkreuzt worden.

(L'essentiel Online/phi)

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