Eurotunnel – Paris und London fordern EU-Hilfe an

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EurotunnelParis und London fordern EU-Hilfe an

Frankreich und England fordern die EU auf, die Flüchtlingskrise in Calais gemeinsam zu lösen. In Italien wurden derweil 1800 neue Flüchtlinge gerettet.

CALAIS, FRANCE - JULY 30:   Gendarmerie attempt to prevent people from entering the Eurotunnel terminal in Coquelles on July 30, 2015 in Calais, France.  Hundreds of migrants are continuing to attempt to enter the Channel Tunnel and onto trains heading to the United Kingdom.  (Photo by Rob Stothard/Getty Images) ***BESTPIX***

CALAIS, FRANCE - JULY 30: Gendarmerie attempt to prevent people from entering the Eurotunnel terminal in Coquelles on July 30, 2015 in Calais, France. Hundreds of migrants are continuing to attempt to enter the Channel Tunnel and onto trains heading to the United Kingdom. (Photo by Rob Stothard/Getty Images) ***BESTPIX***

rob Stothard

Angesichts der Flüchtlingskrise am Eurotunnel haben Frankreich und Großbritannien die Unterstützung der anderen EU-Staaten verlangt. Für Paris und London habe das Vorgehen gegen illegale Grenzübertritte am Ärmelkanal «oberste Priorität», erklärten der französische Innenminister Bernard Cazeneuve und seine britische Kollegin Theresa May am Sonntag.

Die Welt leide unter einer «globalen Flüchtlingskrise» – diese könne aber nicht von Frankreich und Großbritannien allein geschultert werden, hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme, die in der französischen Sonntagszeitung Journal du Dimanche sowie im britischen Telegraph veröffentlicht wurde.

Cazeneuve und May appellierten an die europäische Solidarität: «Viele von denen in Calais, die versuchen, den Ärmelkanal zu überqueren, sind durch Italien, Griechenland oder andere Länder gekommen», schrieben sie. Die Krise müsse da angegangen werden, wo sie anfange: Es müsse «die Zahl der Migranten reduziert werden, die von Afrika nach Europa kommen».

In den beiden Textversionen gab es leichte Differenzen. So heißt es in der französischen Version, London und Paris arbeiteten «Hand in Hand mit den anderen Staaten» der EU für eine Lösung. In der englischen Version heißt es, London und Paris würden «andere Mitgliedstaaten – und die EU als Ganzes – drängen, das Problem an der Wurzel anzugehen».

1800 Flüchtlinge landen in Italien

Während sich die Lage in Frankreich zuspitzt, stoßen im Süden regelmäßig tausende neue Flüchtlinge nach Europa. So hat die italienische Küstenwache nach eigenen Angaben 1800 Menschen gerettet, die auf sieben überfüllten Booten über das Mittelmeer nach Europa gelangen wollten. Auf einen Boot seien zudem fünf Leichen gefunden worden, teilte die Küstenwache am Sonntag mit. Die Migranten kamen nach UNO-Angaben aus Eritrea, Nigeria, Somalia, dem Sudan und Syrien.

Auf dem Weg über das Mittelmeer kommen immer wieder Menschen ums Leben. Im vergangenen Jahr waren es vermutlich 3500 und in diesem Jahr bisher fast 2000. In Italien kamen in diesem Jahr bislang 90.000 Migranten an. 2014 waren es 170.000.

2000 Fluchtversuche pro Nacht

Seit Wochen versuchen nahe dem nordfranzösischen Calais immer wieder Migranten, nachts zum Eurotunnel vorzudringen, um an Bord von Güterzügen nach Großbritannien zu gelangen. Mitunter wurden pro Nacht 2000 Fluchtversuche registriert. In einem behelfsmäßigen Lager bei Calais harren rund 3000 Migranten aus, die auf eine Gelegenheit zur Flucht warten.

Die Regierungen Großbritanniens und Frankreichs seien «entschlossen», das Problem «gemeinsam zu lösen», erklärten Cazeneuve und May. «Unsere Straßen sind nicht aus Gold gepflastert», erklärten sie und fügten hinzu, dass aus beiden Ländern derzeit pro Monat rund 200 Migranten abgeschoben würden.

Auch am Wochenende registrierten die Behörden in Calais Hunderte Fluchtversuche, doch nach der Verstärkung des Sicherheitsaufgebots waren es weniger als zuvor. In der Nacht zum Samstag wurden laut Polizei etwa 300 Fluchtversuche registriert, in der Nacht zum Sonntag 400.

Laut einer Eurotunnel-Sprecherin war der Tunnel in der Nacht zum Sonntag fünf Stunden lang gesperrt. Die Flüchtlinge hätten offenbar ihre Strategie geändert und seien nun in größeren Gruppen unterwegs gewesen, die schwerer zu kontrollieren seien.

Politiker sind gefordert

Die Lage in Calais erhitzt in Frankreich immer mehr die Gemüter, wobei sich der Zorn vor allem gegen die britische Regierung richtet. Der Oppositionsabgeordnete der konservativen Partei Die Republikaner, Xavier Bertrand, warf Premierminister David Cameron im Journal du Dimanche vor, das Problem nicht ernst zu nehmen. Mit Geld allein sei dieses nicht zu lösen.

London müsse seine Gesetze ändern, die es möglich machten, ohne Papiere in Großbritannien zu arbeiten. Bertrand will Regionalpräsident in der Region um Calais werden und tritt immer häufiger als Sprachrohr der genervten Anwohner in Erscheinung.

Auch die Bürgermeisterin von Calais, Natacha Bouchart, warf London vor, die Franzosen mit dem Problem allein zu lassen. Die Parteikollegin von Bertrand äußerte zugleich Unbehagen angesichts der Aufrüstung mit immer mehr Beamten, Spürhunden und Zäunen.

(L'essentiel/ofi/sda)

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