Private Milizen – Polen wappnen sich gegen Einmarsch der Russen

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Private MilizenPolen wappnen sich gegen Einmarsch der Russen

Mehr als 80.000 polnische Zivilisten schließen sich Milizen an. Sie wollen sich für den Ernstfall vorbereiten: einen Angriff Russlands.

Eigentlich hat Polen eine schlagkräftige Armee mit 200.000 Berufssoldaten. Daneben verfügt das 40-Millionen-Einwohner-Land über eine nationale Reservearmee und ist Teil des transatlantischen Verteidigungsbündnisses Nato. Trotz dieser Institutionen schließen sich aber immer mehr Zivilisten paramilitärischen Milizen an.

80.000 Bürger organisieren sich

Die Tradition der Paramilitärs reicht in Polen bis in die 1930er-Jahre zurück. Wie die österreichische Newsseite «Profil» in einem Bezahl-Artikel schreibt, erleben die Milizen seit 2015 regen Zulauf – seit die rechtsnationale Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) an der Macht ist.

In über 120 Milizen treffen sich rund 80.000 Bürger, um sich für einen Ernstfall vorzubereiten – den Einmarsch russischer Truppen. Das polnische Militär reicht vielen nicht, sagt Aleksander Dybiec, Kommandant der Lekka-Piechota-Obrony- Terytorialnej-Miliz (zu Deutsch: Landesverteidigungs-Infanterie) zu «Profil».

Miliz konnte an Nato-Manöver teilnehmen

Der 32-jährige Familienvater trainiert seit eineinhalb Jahren eine Gruppe mit mittlerweile 40 Kämpfern in der Region Nowy Targ. Jeden zweiten Sonntag treffen sie sich auf einer Kuhweide. Dazu bringt der ehemalige Soldat eine Pistole und eine Kalaschnikow AK-47 mit. Auch viele andere Bürger haben eine eigene Waffe.

Trainiert wird der Umgang mit Gewehr und Pistolen, sowie der Gelände-, Häuser- und Straßenkampf. Letztes Jahr durfte die Miliz von Dybiec am großangelegten Manöver «Anakonda 16» der polnischen Armee mit Beteiligung der Nato teilnehmen.

Dachverbände koordinieren die Strategie

«Wenn du eine große Armee hast, willst du sie auch irgendwann nutzen», sagt Dybiec und meint damit Wladimir Putin. Das zeige der Krieg in der Ostukraine. Aber auch die Militärintervention in Georgien, die Annexion der Krim oder die Verlegung russischer Atomraketen in die Enklave Kaliningrad, kurz vor der polnischen Grenze.

Die polnischen Milizen sind föderal aufgebaut, zusätzlich sind sie im Guerilla-Modus organisiert. Dachverbände koordinieren die gesamte Strategie für den Fall der Fälle. Ein solcher Verein ist Obrona Narodowa (Nationale Verteidigung) in Warschau.

Zusätzliche US-Kampfbrigade in Europa

Zu «Profil» sagt der Vizepräsident des Dachverbands, Pawel Makowiec, dass der Wunsch nach Sicherheit in Polen drastisch gestiegen sei. «Die Nato ist im Moment unsere Sicherheitsgarantie, doch es wird immer deutlicher, dass sie nicht ausreichen könnte. Wir sind ihre Frontlinie im Osten. Da ist es besser, eine starke Verteidigung zu haben», so Makowiec.

Als Reaktion auf Russlands Vorgehen im Ukraine-Konflikt hat die US-Regierung am letzten Wochenende im Rahmen der Operation «Atlantic Resolve» begonnen, eine zusätzliche Kampfbrigade in Osteuropa zu stationieren.

Regierungspartei will dritte Armee

Makowiec beteuert zwar, dass man keine Extremisten wolle, «egal ob rechts oder links». Trotzdem sollen zahlreiche Gruppen konservativen und rechtsnationalen Parteien nahestehen, so das Portal «Profil». Die Regierungspartei PiS heize die Stimmung gegen Russland zusätzlich auf.

Die Partei will, dass zivile Freizeitkämpfer in die neu gegründete «Territorialarmee» eintreten. Diese untersteht dem Verteidigungsministerium. So soll eine dritte Armee entstehen.

(L'essentiel/vbi)

Ausländerfeindliche Krawalle

An Neujahr wurde ein Pole vor einem Imbisslokal in der polnischen Kleinstadt Elk tödlich mit einem Messer verletzt. Er hatte zwei Getränkeflaschen gestohlen. Sowohl der algerische Besitzer des Lokals als auch ein tunesischer Koch sitzen seither in Untersuchungshaft. Landesweit gibt es seit der Silvesternacht ausländerfeindlichen Krawallen: Kebab-Lokale werden zerstört und Mitarbeiter zusammengeschlagen. Die Polizei hat bis am Sonntag 31 Polen festgenommen.

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