KorruptionsverdachtPolizei durchsucht Kanzleramt in Österreich
Nach Hausdurchsuchungen am Mittwoch im österreichischen Kanzleramt und in der Parteizentrale der Regierungspartei ÖVP haben die Ermittler auch zwei Verleger-Brüder im Visier.

Die österreichische Polizei hat am Mittwochmorgen laut Medienberichten Büros in der Zentrale der Regierungspartei ÖVP sowie im Kanzleramt durchsucht. ÖVP-Vize-Generalsekretärin Gaby Schwarz bestätigte die Durchsuchungen in der Parteizentrale, ohne allerdings nähere Angaben zu machen. Wie die Zeitung «Die Presse» berichtet, betraf die Razzia das engste Umfeld von Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Schwarz erklärte, bei dem Polizeieinsatz gehe es um einen «Showeffekt». Die mit den Vorwürfen verbundenen Ereignisse lägen bis zu fünf Jahre zurück. Nach Informationen der «Presse» durchsuchten Ermittler und Ermittlerinnen die Arbeitsplätze mehrerer Mitarbeitenden von Kurz im Kanzleramt und der Parteizentrale. Der Bundeskanzler selber befindet sich zurzeit auf Staatsbesuch in Slowenien.
Inserate-Deals für wohlwollende Berichterstattung?
Hintergrund der Razzien ist demnach ein Korruptionsverdacht im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Anzeigen und Meinungsumfragen in der Zeitung «Österreich». Auch Kurz selbst könnte darin verwickelt sein, hieß es in dem Bericht. Im Fokus der Fahndenden stehen insgesamt elf Personen, darunter die Verleger-Brüder Wolfgang und Helmuth Fellner («Österreich», oe24). Beamte und Beamtinnen des Innenministeriums durchsuchten am Mittwoch deren Verlagshaus in der Wiener Innenstadt und nahmen Dokumente mit.
Gegen Kurz laufen bereits Ermittlungen wegen des Verdachts der Falschaussage vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur sogenannten Ibiza-Affäre. Die Ibiza-Affäre hatte im Mai 2019 ein politisches Erdbeben in Österreich ausgelöst, zum Bruch der Regierungskoalition zwischen Kurz’ ÖVP und der rechtspopulistischen FPÖ sowie zu vorgezogenen Neuwahlen geführt. Seit Januar 2020 regiert die ÖVP in einer Koalition mit den Grünen.
Hintergrund der Ermittlungen sollen Inserate-Deals und Zahlungen des Finanzministeriums (Volumen: 1,3 Millionen Euro) an «Österreich»/oe24 ab dem Jahr 2016 sein. Als Gegenleistung – so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft – gab es wohlwollende Berichterstattungen in den Fellner-Boulevardmedien. Zwei Meinungsforscherinnen (darunter Ex-Ministerin Sophie Karmasin) hätten entsprechende Umfrage-Ergebnisse zur Verfügung gestellt.
(L'essentiel/heute.at/afp/job)