Paukenschlag in Moskau – Putin entlässt Strippenzieher Surkow

Publiziert

Paukenschlag in MoskauPutin entlässt Strippenzieher Surkow

Damit hätte kaum jemand gerechnet: Kremlchef Putin entlässt Wladislaw Surkow, den Vize-Ministerpräsidenten. Dieser gilt als Strippenzieher der russischen Politik.

Wladimir Putin (r.) und Wladislaw Surkow auf einer Archivaufnahme aus dem Februar 2012. (Bild: AFP)

Wladimir Putin (r.) und Wladislaw Surkow auf einer Archivaufnahme aus dem Februar 2012. (Bild: AFP)

Personeller Paukenschlag in Russland: Kremlchef Wladimir Putin hat überraschend den stellvertretenden Ministerpräsidenten Wladislaw Surkow entlassen. Surkow gilt als einer der wichtigsten Ideologen und Strippenzieher der russischen Politik. Surkows Abgang ist spektakulär. Jahrelang stand der Meister raffiniert gesponnener Intrigen Kremlchef Putin treu zur Seite. Deshalb rätseln Russen über die wahren Hintergründe.

Der 48-jährige Surkow ist das erste ranghohe Kabinettsmitglied, das in einer Zeit wachsender Kritik am Kurs des Landes die Führung verlässt. Er habe bereits am 26. April um seine Entlassung gebeten, sagte Surkow der Agentur Interfax zufolge am Mittwoch in Moskau. Einen Grund nannte er nicht.

Putin hatte der Regierung seines politischen Ziehsohns Dmitri Medwedew am Vortag massive Versäumnisse vorgeworfen. Die Entlassung stehe in diesem Zusammenhang, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow. Zum neuen Chef des Regierungsbüros wurde am Donnerstag der bisherige Präsidentenberater Sergej Prichodko ernannt.

Menschenrechtler: «Beunruhigendes Signal für den Sieg der Hardliner»

«Sein Rücktritt ist ein beunruhigendes Signal für den Sieg der Hardliner im Kreml», sagte der Menschenrechtler Lew Ponomarjow. Oppositionsführer und Ex-Schachweltmeister Garry Kasparow meinte am Donnerstag, nach dem Abgang von «Putins Mann fürs Feine» werde der Präsident seinen Kurs gegen Andersdenkende erheblich verschärfen.

Der prominente Kremlgegner Alexej Nawalny veröffentlichte in einem Blog ein Foto der Entlassungsurkunde und kommentierte ironisch: «Sic transit gloria mundi» (So vergeht der Ruhm der Welt). Surkow galt als Wegbegleiter des Präsidenten und lobpreiste Putin gar als «Gesandten Gottes». Zuletzt hatte der Spitzenfunktionär aber offen kritisiert, dass in Russland die «falschen Leute» den Kurs bestimmten.

Vor laufender Kamera kritisiert

Als möglichen Grund für Surkows Schritt schlossen Beobachter auch nicht aus, dass der Politiker den zunehmend umstrittenen Kurs des Kreml nicht mehr mittragen wolle - ähnlich wie Ex-Finanzminister Alexej Kudrin.

Der international anerkannte Experte hatte Putin vor kurzem vor laufender Kamera kritisiert. Auf die Frage, ob Surkow nach seiner Entlassung irgendwann in den Kreml zurückkehren könne, sagte Putins Sprecher Peskow: «Ich weiß nicht, ob er das überhaupt will.»

(L'essentiel Online/sda)

Deine Meinung