Britischer Geheimdienstler«Putin muss ständig Sitzungen abbrechen, um sich behandeln zu lassen»
Chaos im Kreml und Probleme in den militärischen Kommandostrukturen: Christopher Steele, ehemaliger Russlandchef des britischen MI6, glaubt, dass Wladimir Putins angeschlagener Gesundheitszustand Folgen in seiner Führung habe.
- von
- Karin Leuthold

Christopher Steele, ehemaliger Leiter des Russland-Büros des britischen Secret Intelligence Service (MI6), behauptet, dass der russische Staatschef «ständig von einem Ärzteteam begleitet» werde.
Aufgrund seines angeschlagenen Gesundheitszustands lässt Waldimir Putin den Kreml in «zunehmendem Chaos» zurück. Das behauptet Christopher Steele, der zwischen 2006 und 2009 Leiter des Russland-Büros des britischen Secret Intelligence Service (MI6) war. Laut Steele muss Putin regelmäßig Pausen einlegen, um sich medizinisch behandeln zu lassen. Der Brite ist der Meinung, dass es darum in Moskau «keine klare politische Führung» mehr gebe.
Gerüchte, dass Putin unter gesundheitlichen Problemen leidet, kursieren schon seit Monaten – sie haben sich jedoch seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine verstärkt. Nun meinte auch der Ex-MI6-Spion in einem Interview mit dem britischen Radiosender LBC, dass der russische Staatschef «ständig von einem Ärzteteam begleitet» werde.
Ist es Krebs oder Parkinson?
Woran der 69-Jährige erkrankt sein könnte, ist nicht klar. Er leide möglicherweise an Krebs oder Parkinson, geben diverse Quellen an. Die Vermutungen wurden dabei durch Aufnahmen begleitet, die den Präsidenten offenbar zeigen, wie er unkontrolliert zittert und sich an einem Tisch festhält, um sich abzustützen. Vor einer Woche behauptete auch der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Generalmajor Kyrylo Budanow, dass Putin «sehr krank» sei. Budanow deutete zudem an, dass bereits Pläne für einen Staatsstreich im Gange seien.
Laut Christopher Steele gibt es in Moskau «keine klare politische Führung, die von Putin ausgeht». In militärischer Hinsicht funktionierten die Kommandostrukturen nicht so, wie sie sollten. Unter anderem, weil viele Regierungsberatungen im Kreml immer wieder abgebrochen werden müssen, damit Putin zu seinen ärztlichen Behandlungen gehen kann. «Das hat im Moment sicherlich sehr ernste Auswirkungen auf die Regierungsarbeit in Russland», sagte Steele.
Werden die Gerüchte von Putins Feinden verbreitet?
Der Brite nimmt an, dass Putin «wahrscheinlich» an Parkinson leide – obwohl er zugibt, dass er «die genauen Einzelheiten seiner Krankheit» nicht kenne. Steeles Quelle sei «ziemlich zuversichtlich», fügte er hinzu. Doch trotz Krankheit glaubt der Russland-Kenner nicht, dass Wladimir Putin sich aus der Ukraine zurückziehen werde, «da er sich in eine politische Ecklage gebracht» habe.
Die Frage, ob Putin nun wirklich krank ist oder nicht, ist wahrscheinlich ein sehr gut gehütetes Geheimnis, glaubt Joshua Tucker, Experte am NYU Jordan Center for the Advanced Study of Russia. Der US-Amerikaner sieht in der Verbreitung der Gerüchte über Putins Gesundheitszustand allerdings reine Strategie – und zwar aus den eigenen Reihen. «Es wäre nicht verwunderlich, wenn die Feinde eines autokratischen Führers im eigenen Land Gerüchte in Umlauf brächten, der Führer sei unheilbar krank, um seine Macht zu schwächen», sagte er gegenüber «Newsweek».
Olga Lautman vom Center for European Policy Analysis in Brüssel ist der Ansicht, dass an den Gerüchten über Putins schlechten Gesundheitszustand nichts dran ist. Anders als Tucker glaubt aber Lautmann, dass es sich um ein Verwirrspiel des Kremls handeln könnte.