Arbeitsmarkt – Roboter sieben Bewerbungen in Luxemburg aus

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ArbeitsmarktRoboter sieben Bewerbungen in Luxemburg aus

LUXEMBURG - Ein Roboter als Hürde für den Traumjob: Um die Flut an Bewerbungen einzudämmen, setzen Firmen in Luxemburg zunehmend auf digitale Helfer.

Jobkandidaten kennen das Gefühl: Man hat bereits unzählige Bewerbungen verschickt, doch eine Einladung zu einem Interview will einfach nicht kommen. Was viele Bewerber vielleicht nicht wissen: Es ist nicht immer das Personalbüro, das die Absage erteilt – immer öfter entscheiden nämlich Computer, wer es in die engere Auswahl schafft. Auch in Luxemburg sind Technologien wie CV Parsing oder Applicant-Tracking-Systeme (ATS) bereits angekommen.

«Solche Vorprüfungssysteme werden hauptsächlich von großen, multinationalen Firmen eingesetzt», sagt Julian Evans, Direktor des Personaldienstleisters KR Recruitment in Luxemburg-Stadt. Bei Stellen mit großem Bewerbervolumen kann der Einsatz dieser Software sinnvoll sein, um nicht geeignete Kandidaten auszusortieren und dadurch Kosten zu sparen, sagt der Experte.

16.000 Bewerber für 900 Stellen

Mit 2700 Beschäftigten zählt PwC Luxembourg zu den personalstärksten Unternehmen des Landes. Die Jobs im Gaspericher «Crystal Park» sind begehrt: 16.000 Bewerbungen trudeln pro Jahr im Geschäftssitz der Beratungsgesellschaft ein, im Vorjahr besetzte PwC 900 freie Stellen. Ein intern entwickeltes Applicant-Tracking-System hilft den Personalern, Bewerberdaten mit Stichwörtern zu durchforsten oder Vorstellungsgespräche zu organisieren. Kandidaten füttern das System über das Online-Bewerbungsformular.

«Ein automatisches Screening von Kandidaten findet nicht statt», unterstreicht Claire Audollent, Head of Human Capital bei PwC Luxembourg. «Um ein Talent zu erkennen, vertrauen wir auf menschliche Augen.» Erfahrene Recruiter entscheiden innerhalb von wenigen Sekunden, ob ein Lebenslauf interessant ist oder nicht – viel schneller würde auch der Roboter nicht arbeiten.

Cactus: «Alle Lebensläufe manuell geprüft»

Auf digitale Helfer setzt auch die Cactus-Gruppe mit 4000 Beschäftigten. Jährlich landen zwischen 12.000 und 15.000 Lebensläufe im Personalbüro von Cactus am Windhof. Der Lebensmittelhändler verfügt über ein System, das automatisch Antworten und Einladungen verschickt und die «CVs» in einer Datenbank speichert. Cactus-Personaldirektor Robert Faymonville hält jedoch nichts von automatischen Filtern: «Wir bemühen uns, alle Lebensläufe, die wir erhalten, manuell zu überprüfen – und das von mindestens zwei Mitarbeitern. Der menschliche Kontakt ist uns sehr wichtig.»

Ein Beispiel, wo die Bewerbungs-Roboter an ihre Grenzen stoßen, sind Sprachkenntnisse. Ob ein Bewerber Englisch wirklich so perfekt beherrscht wie er im Lebenslauf behauptet, stellt sich erst im Interview heraus. Je präziser die Knock-out-Kriterien für einen Job definiert sind, desto eher kommt jedoch ein Einsatz der Filtersoftware infrage. Besonders bei Stellenausschreibungen im IT-Sektor müssen Bewerber damit rechnen, das eine Software ihre Lebensläufe nach Schlüsselbegriffen, Qualifikationen oder anderen Daten durchforstet, sagt Personalberater Evans.

Mit vollen Briefkästen kennt sich auch der Luxemburger Staat aus, der 27.000 Menschen beschäftigt. Fast ebenso viele – 19.000 – reichten dieses Jahr ein Dossier ein, um sich für eine administrative Laufbahn beim Staat zu bewerben. Cyborgs kommen beim Staat aber nicht zum Einsatz: Jede einzelne Bewerbung wird von einem Mitarbeiter geprüft, versichert man im Ministerium des Öffentlichen Dienstes.

(Jörg Tschürtz/L'essentiel/20min.ch)

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