Ukraine-KriegRussland produziert pro Monat 20 Panzer – und verliert 150
Um seine Materialverluste auszugleichen, kann der Kreml lediglich auf eine einzige Panzerfabrik aus der Sowjetzeit zurückgreifen. Diese produziert monatlich aber nur zehn Prozent des russischen Bedarfs.

- von
- Benedikt Hollenstein
Die industrielle Kraft der Sowjetunion war einer der Mitgründe für das Scheitern von «Operation Barbarossa», mit der Nazi-Deutschland unter der Führung von Hitler seinen Überfall der Sowjetunion begann. Hitler ging damals davon aus, dass der kommunistische Staatenbund kollabieren würde, wenn ein Großteil der Roten Armee vernichtet wird.
Früher 1000 Panzer pro Monat
Diese Überlegung ging nicht auf: Die sowjetischen Verluste waren zwar enorm, konnten aber durch immer neue Rekruten ausgeglichen werden. Auch zerstörte Panzer und andere Fahrzeuge wurden laufend durch neu gefertigte ersetzt. Die Sowjetunion hat im Zuge ihres Rückzugs aus dem Westen ganze Panzerfabriken und andere Rüstungsfirmen in Gebiete im Osten des Landes gezügelt. Damals produzierte die sowjetische Industrie monatlich 1000 Panzer.
Von solchen Zahlen können Wladimir Putin und seine Militärführung heute nur noch träumen. Wie der «Economist» berichtet, verfügt Russland gerade noch über eine einzige Panzerfabrik. Der Industriekomplex im Osten Russlands namens UralVagonZadov, der in den 1930er-Jahren gebaut wurde, soll heute rund 30.000 Angestellte beschäftigen – trotzdem fertigt die Riesenfabrik monatlich nur 20 Panzer.
Russland hat in der Ukraine 1779 Panzer verloren
Dementsprechend sei der Bedarf etwa zehnmal so hoch wie das Angebot. Laut der Open Source Intelligence-Plattform Oryx hat Russland seit Beginn seiner Invasion im Februar 2022 bereits 1779 Panzer verloren. Im Durchschnitt ergibt das monatlich knapp 150 Panzer, die entweder vollständig zerstört, zurückgelassen oder von ukrainischen Truppen gesichert wurden. Mit den 20 Panzern, die pro Monat in Russland gefertigt werden, lassen sich diese Verluste also niemals ausgleichen – zudem hat Russland im Gegensatz zur Ukraine bisher, abgesehen von iranischen Drohnen, keine Waffen von Verbündeten erhalten.
Zwar sind diese seit dem Zweiten Weltkrieg weit komplexer und darum auch in ihrer Produktion aufwändiger geworden, trotzdem dürfte diese tiefe zweistellige Zahl nie und nimmer den Wünschen der russischen Armee entsprechen. Außerdem fehlen Russland wichtige Teile wie etwa Halbleiter, die für viele moderne Komponenten, etwa Zielsysteme, unbedingt benötigt werden. Und auch die Panzerfirma selbst ist wegen hoher Schulden und finanziellen Missmanagements in einem veralteten Zustand.
Kriegt der Kreml bald chinesische Panzer?
Russland richtet auch alte Panzer wieder her, um sie im Ukraine-Konflikt einzusetzen. Diese standen zuvor über Jahrzehnte in Lagerhallen. Monatlich werden im UralVagonZadov-Werk acht alte Panzer renoviert, drei weitere Reparaturstellen im Land richten jeden Monat etwa 17 Panzer her.
Laut dem «Economist» plant Russland zudem, zwei neue Betriebe zur Renovation von Panzern zu eröffnen. Damit sollen monatlich bis zu 90 Panzer wieder hergerichtet werden können – doch auch das reicht nicht aus, um die Verluste auf dem Schlachtfeld zu ersetzen. Zuletzt hatte der US-Geheimdienst berichtet, dass China offenbar mit der Möglichkeit liebäugle, Russland mit Waffen zu beliefern. Falls es tatsächlich dazu kommen sollte, wäre wohl eine neue Eskalationsstufe im Konflikt erreicht.