SchlankheitswahnSchwangere machen Diät wegen Kilo-Panik
Nun müssen auch Schwangere dünn sein. Laut einer britischen Studie weist jede zehnte bereits Anzeichen einer gefährlichen Essstörung auf.

Babybauch und trotzdem Modelmaße: Ideale aus Werbung und Promi-Welt setzen Schwangere unter Druck. (Bild: Colourbox)
Jedes Extrakilo macht seine Trägerin ein bisschen weniger attraktiv: Diese zweifelhafte Message haben viele Mädchen und Frauen verinnerlicht und schlittern von einer Diät in die nächste – manchmal bis zu einer lebensgefährlichen Magersucht. Besonders heikel wird ein solches Verhalten, wenn die Frauen ein Kind erwarten. Britische Wissenschaftlerinnen haben eine Studie mit 739 Schwangeren durchgeführt. Fazit: Jede vierte leidet unter großer Angst vor dem Zunehmen und der Veränderung ihrer Körperformen. Jede zehnte Teilnehmerin wies bereits Anzeichen einer beginnenden Essstörung auf – sie hungerte, benutzte Abführmittel oder trieb exzessiv Sport. Bei jeder 15. Schwangeren stellten die Forscherinnen eine tatsächliche Essstörung fest.
Die Ursache dafür steht für die Studienautorinnen fest: «Wir haben festgestellt, dass die vielen Unzufriedenheiten der Frauen mit dem öffentlichen Bild der schwangeren Frau zusammenhängen», erklärt die Leiterin der Studie, Nadia Micali, in der «Süddeutschen Zeitung». Die Schwangerschaft sei heute sehr viel öffentlicher und weniger schamhaft. «Prominente zeigen heute ihre Babybäuche und sehen wenige Tage nach der Geburt wieder superschlank aus.» An all dem habe man teil durch Fernsehen, Zeitschriften und Internet. Diese Bilder erzeugen bei vielen Frauen unrealistische Erwartungen an ihren Körper», so Micali.
«Von hinten sieht man gar nicht, dass du schwanger bist!»
Es stimme, dass man das Bild der attraktiven Schwangeren betiteln würde mit: «Von hinten sieht man gar nicht, dass du schwanger bist!», bestätigt Bettina von Seefried, Gynäkologin. «Diese Figur kann man sich jedoch nicht antrainieren oder durch Diät erreichen.» Sie hänge viel mehr von der Konstitution der Frau ab.» Von Natur aus werde die Frau an den Hüften breiter, Wassereinlagerungen führten zu weniger schlanken Armen und Beinen. «Als Ärzte versuchen wir, die Frauen dahingehend zu beraten, durch gesunde und ausgewogene Ernährung weder zu wenig noch zu viel zuzunehmen.»
Dass durch eine Schwangerschaft tatsächlich eine Magersucht ausgelöst werde, habe sie aber noch nie erlebt, so Von Seefried. Denn jede Frau wisse ja, dass man während einer Schwangerschaft an Gewicht zulege. Die Gespräche zeigten aber sicher, dass auch hierzulande die Gewichtszunahme oder die Sorge um die zusätzlichen Kilos ein Thema seien. «Auch als Schwangere sind sie Teil der weiblichen Gesellschaft, die heutzutage doch sehr den gängigen Schönheitidealen unterliegt.»
Bei falscher Ernährung droht eine Fehlgeburt
Auch wenn sie nicht in einer krankhaften Essstörung enden: Harmlos sind Radikaldiäten in der Schwangerschaft nicht. Fehl- und Mangelernährung erhöhten unter anderem das Risiko für Frühgeburten, so Von Seefried. Wichtiger als die Menge der Nahrung sei aber deren Qualität hinsichtlich Mineralien und Vitaminen. Panik sei aber nicht angebracht: «Die Natur ist darauf eingerichtet, das Ungeborene in hohem Masse zu schützen und dessen Gedeihen zu sichern. So braucht es eine massive Fehlernährung seitens der Mutter, bis das Kind einen Nährstoffmangel erleidet.»
(L´essentiel/ nj)