Verfassungsschutzchef – Seehofer schickt Maaßen in den Ruhestand

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VerfassungsschutzchefSeehofer schickt Maaßen in den Ruhestand

Eigentlich sollte der Verfassungsschutzchef ins Innenministerium wechseln. Kritische Äußerungen über die große Koalition kosten Hans-Georg Maaßen jetzt seinen Job.

ARCHIV - 21.07.2017, Berlin: Hans-Georg Maa�en, Pr�sident des Bundesamtes f�r Verfassungsschutz, beantwortet auf einer Pressekonferenz Fragen. (zu dpa "Seehofer schickt Maa�en in einstweiligen Ruhestand" am 05.11.2018) Foto: Jens Kalaene/ZB/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

ARCHIV - 21.07.2017, Berlin: Hans-Georg Maa�en, Pr�sident des Bundesamtes f�r Verfassungsschutz, beantwortet auf einer Pressekonferenz Fragen. (zu dpa "Seehofer schickt Maa�en in einstweiligen Ruhestand" am 05.11.2018) Foto: Jens Kalaene/ZB/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Jens Kalaene

Der Streit um den bisherigen deutschen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen geht in eine neue Runde: Mit kritischen Äußerungen über die große Koalition soll sich der 55-Jährige, der eigentlich als Sonderberater ins Bundesinnenministerium wechseln sollte, nun erneut in die Schusslinie gebracht haben.

Wie die Nachrichtenagentur dpa am Montag berichtet, versetzt Innenminister Horst Seehofer (CSU) den umstrittenen Verfassungsschutz-Präsidenten mit sofortiger Wirkung in einstweiligen Ruhestand. Einem Medienbericht zufolge hatte Maaßen aber selber um die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand gebeten.

Maaßens bisheriger Stellvertreter Thomas Haldenwang soll vorläufig die Aufgaben des Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz übernehmen, bis zeitnah über die Nachfolge entschieden werde, verlautete am Montag aus Sicherheitskreisen.

Pikante Abschiedsrede

Hintergrund ist eine Abschiedsrede Maaßens, in der er von teilweise linksradikalen Kräften bei den Sozialdemokraten gesprochen hatte. Laut der Süddeutschen Zeitung sagte er, er könne sich auch ein Leben außerhalb des Staatsdiensts vorstellen, nicht nur in der Privatwirtschaft, sondern auch in der Politik.

In Deutschland sei er, Maaßen, «als Kritiker einer idealistischen, naiven und linken Ausländer- und Sicherheitspolitik bekannt». Die Rede war seit dem 24. Oktober im Intranet des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu lesen.

Kritik an Innenminister Seehofer

Aus SPD, CDU und der Opposition kam deutliche Kritik an Seehofer, der lange gegen die Ablösung Maaßens war. SPD-Fraktionsvize Eva Högl wies darauf hin, dass ihre Partei schon vor Wochen Maaßens Entlassung gefordert habe – «wegen seiner problematischen Äußerungen nach den Ereignissen in Chemnitz und seiner sichtbaren Neigung zu rechtspopulistischen Ansichten», wie sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte.

Nun sei offensichtlich auch Seehofer zu der Einsicht gekommen. «Das geschieht nur sehr spät und macht auch Herrn Seehofer zum Verlierer des Abends.» Der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg sagte mit Blick auf Seehofer: «Das war keine klare Amtsführung.» Er könne verstehen, dass Maaßen nichts daran setze, Sonderbeauftragter zu werden. «Das ist ja auch eher ein Abschieben», sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte im ZDF: «Das ist an Absurdität nicht zu überbieten, was wir da mit Herrn Maaßen und den Reaktionen darauf erlebt haben, dass man, wenn man Fehler macht, noch befördert wird.» Dieser Stil müsse ein Ende haben.

Seehofer unter massivem Druck

Seehofer steht spätestens seit dem CSU-Absturz bei der bayerischen Landtagswahl auch als Parteichef massiv unter Druck. In der CSU wird inzwischen fest damit gerechnet, dass er als CSU-Vorsitzender zurücktritt.

Wie er weiter mit der Causa Maaßen umgeht, blieb zunächst offen. Als wahrscheinlich galt nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur vom Sonntagabend eine Versetzung des Verfassungsschutzchefs in den einstweiligen Ruhestand.

Koalitionskrise

Seehofer hatte sich lange gegen eine Ablösung Maaßens an der Spitze des Inlandsgeheimdienstes gesträubt. Der Streit hatte im September eine Koalitionskrise ausgelöst, die fast zum Bruch der Regierung führte.

Im Zentrum stand die Äußerung Maaßens, ihm lägen «keine belastbaren Informationen» vor, dass in Chemnitz Hetzjagden auf Ausländer stattgefunden hätten.

In Chemnitz war am 26. August ein 35-jähriger Deutscher mutmaßlich von Asylbewerbern erstochen worden, danach kam es zu ausländerfeindlichen Übergriffen.

Welle der Empörung

Die Spitzen von CDU, CSU und SPD hatten sich im September zunächst darauf verständigt, dass Maaßen als Staatssekretär ins Innenministerium wechseln sollte. Nach einer Welle der Empörung beschlossen sie dann, dass der 55-Jährige im Innenministerium im Rang eines Abteilungsleiters für europäische und internationale Aufgaben zuständig sein sollte. Nach Maaßens Abschiedsrede ist nun auch dies vom Tisch.

Die Grünen im Bundestag verlangen nun eine Sondersitzung des Parlamentarischen Gremiums zur Kontrolle der Geheimdienste zu den neuen Vorwürfen gegen Maaßen.

Die FDP schloss sich der Forderung an. FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae sagte: «Herr Seehofer muss endlich eine Entscheidung treffen, damit diese Angelegenheit vom Tisch ist, die schon viel zu lange die Handlungsfähigkeit der Regierung lähmt.»

(L'essentiel/sda)

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