LuxemburgSexualaufklärung, Abtreibung, häusliche Gewalt – Planning Familial ruft zu Paradigmenwechsel auf
LUXEMBURG – Mit Blick auf die kommenden Wahlen hat der Verein Planning Familial am Dienstag Missstände angeprangert und eine Reihe von Forderungen vorgestellt.
- von
- Séverine Goffin

Laut Ainhoa Achutegui gibt es noch viele offene Baustellen im Bereich der reproduktiven Gesundheit.
«Sexualerziehung und Aufklärung über emotionales Wohlergehen ist gesetzlich verankert, aber mein Sohn hatte nie auch nur eine einzige Unterrichtsstunde, weder in der Schule noch auf dem Gymnasium. Andere Eltern erzählten mir hingegen, dass ihre Kinder sehr wohl darin unterrichtet würden. Es hängt einfach vom Willen der Erwachsenen ab. Dabei ist Aufklärungsarbeit von entscheidender Bedeutung, angesichts der Vorurteile, die im Internet und in sozialen Netzwerken kursieren», erklärt Ainhoa Achutegui, Präsidentin des Vereins Planning Familial am heutigen Dienstag bei einer Pressekonferenz. Die Organisation verlangt, dass mehr Geld bereitgestellt wird, und plädiert für einen Mentalitätswandel. Dazu stellt sie drei Forderungen.
Oberste Priorität hat für den Verein eine landesweite Studie zur sexuellen, reproduktiven und affektiven Gesundheit der Einwohnerinnen und Einwohner. «Seit fünfzehn Jahren fordern wir das bereits», erklärt die Präsidentin. Dann führt sie aus, warum: «Die Ergebnisse der Untersuchung könnten es uns ermöglichen, Kampagnen gezielter einzusetzen. Wenn wir etwa herausfinden, dass ein ganz bestimmtes Verhütungsmittel nur sehr selten verwendet wird, macht es vielleicht keinen Sinn, viel öffentliches Geld darin zu investieren».
Abtreibung in der Verfassung
Auch im Bereich des Schwangerschaftsabbruchs (IVG) fordert der Verein von der Politik ein Umdenken. «Im Jahr 2022 hat Planning Familial 547 Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt. Aber das sind nur Zahlen, und die bilden nicht die vollständige Realität ab», betont Ainhoa Achutegui und fordert gleichzeitig mehr Studien zu den Hintergründen der durchgeführten Abtreibungen. Im Hinblick auf die Rückschritte beim Recht auf Abtreibung in Ländern wie den USA und Polen verlangt Planning Familial von der Regierung Schutzgarantien.
So sollen nach dem Willen von Planning Familial das Recht auf Schwangerschaftsabbruch in der Verfassung verankert und die Frist von zwölf auf vierzehn Schwangerschaftswochen erhöht werden. Jedem ausgebildeten Arzt solle es erlaubt sein, die erste Ultraschalluntersuchung durchzuführen.
Unverjährbarkeit von Sexualverbrechen
Bei der strafrechtlichen Verfolgung sexuell motivierter Taten ist laut Planning ebenfalls ein Paradigmenwechsel notwendig. Eine Forderung des Vereins ist, die Verjährung von Sexualverbrechen abzuschaffen. «Bei einem Minderjährigen, der Opfer einer Vergewaltigung geworden ist, kommt das Trauma manchmal erst Jahrzehnte später zum Vorschein», erklärt Ainhoa Achutegui.
Auch fordert die Organisation mehr Hilfsangebote für Betroffene: «Wir brauchen eine echte Opferberatung mit Sozialarbeitern, Psychologen und Juristen», heißt es von der Präsidentin. Schließlich müssten bestimmte Begriffe gesetzlich noch definiert werden. «Wir wissen nicht, wie viele Feminizide es in Luxemburg gibt oder wie viele Kinder aufgrund von häuslicher Gewalt zu Waisen wurden. Denn rechtlich gesehen gibt es den Begriff Feminizid nicht», so Céline Gérard von der ASBL Femmes en détresse (Frauen in Not) abschließend.