Charlize TheronSo wurde sie zur toughsten Frau Hollywoods
Im neuen Netflix-Film «The Old Guard» kämpft sie ihre männlichen Co-Stars in Grund und Boden. Dabei wurde aus der Südafrikanerin eher zufällig die neue Ikone des Action-Kinos.

Die Südafrikanerin musste früh erwachsen werden und wurde mit Gewalt und Alkoholismus konfrontiert. Als sie 15 Jahre alt war, kam ihr Vater Charles betrunken nach Hause und bedrohte Charlize und ihre Mutter Gerda mit einer Waffe. In Notwehr erschoss Gerda ihren Mann vor den Augen der Tochter. Sie wurde wegen Notwehr freigesprochen. Für Charlize war das Ereignis extrem prägend. Und sie geht offen damit um. «Ich schäme mich nicht, darüber zu sprechen. Je mehr wir über solche Dinge sprechen, umso weniger fühlen wir uns allein damit», sagte sie 2015 in einem Interview mit dem US-Sender NPR.
Mit 16 zog Charlize von ihrer südafrikanischen Farm nach Italien, um dort zu modeln. Kurz danach kaufte sie sich ein One-way-Ticket nach Los Angeles. An einem Bankschalter wurde sie von einer Agentin entdeckt. Klingt wie ein echtes Hollywoodmärchen. Kurz danach angelte sie sich in der Krimikomödie «2 Days in the Valley» ihre erste Sprechrolle. Darin zeigt sie sich als Helga ziemlich freizügig.
Neben ihrer klassischen Schönheit blieb bei den Produzenten aber auch Charlize’ Toughness hängen. Im Film gerät sie mit Co-Star Teri Hatcher («Desperate Housewives») in eine Auseinandersetzung, die in einen bereits jetzt legendären Fight ausartet. Dass Theron trotz Engelsgesicht hart austeilen kann, war also schon im zarten Alter von 21 Jahren absehbar. Und der Grundstein für ihren Werdegang als künftige Action-Heldin gelegt.
Danach startete Theron so richtig durch. Aber erst mal, wie leider meist der Fall in den 1990er-Jahren, als zweite Geige neben einem männlichen Hauptdarsteller. Zum Beispiel neben Keanu Reeves in «The Devil’s Advocate» von 1997 oder zwei Jahre später neben Johnny Depp in «The Astronauts Wife». Gut bezahlte Jobs, große Breitenwirkung – aber vermutlich war die Ehefrauen-Rolle nicht besonders befriedigend für die Schauspielerin.
Kurz darauf gründete Theron ihre eigene Produktionsfirma Denver and Delilah, benannt nach ihren zwei Hunden. Ihr erstes Projekt wurde direkt zur Mutprobe. Mit 15 Kilo mehr, Zahnprothese, ungeschminkt und Zottelhaaren spielt Theron 2003 in «Monster» die Prostituierte und Serienmörderin Aileen Wuornos. Eine große, wichtige Rolle, für die sie einen Oscar als beste Hauptdarstellerin erhielt. Für Theron war der Part extrem hart und brachte sie an den Rand eines Nervenzusammenbruchs, wie sie später in einem Interview verriet.
Von nun an konnte sie praktisch machen, was sie wollte. Und dabei helfen, Frauen in starken Hauptrollen zu etablieren – auch im Action-Kino, einer notorischen Männerdomäne. 2005 spielte sie die Titelheldin Aeon Flux in der gleichnamigen Game-Verfilmung. Damit war sie neben Angelina Jolie («Lara Croft») eine echte Pionierin des Genres. Die als Perfektionistin bekannte Theron wollte im Film ihre Stunts selbst machen – dabei kam es allerdings zu einem Unfall. Beim Dreh zog sie sich eine schwere Rückenverletzung zu, die sie beinahe in den Rollstuhl zwang. Acht Jahre lang litt sie unter extremen Schmerzen, Muskelkrämpfen und Nervenschäden. Das war erst mal das Ende ihrer Action-Karriere.
2013 unterzog sie sich einer Nacken-OP, die ihren Zustand merklich verbesserte. Damit war der Weg frei, sich erneut aufs Kracher-Kino einzulassen. Das tat sie auch, und wie: 2015 kam «Mad Max: Fury Road» ins Kino. Mit rasiertem Schädel und muskulösem Oberkörper dank monatelangem Hanteltraining avancierte sie als Imperatorin Furiosa quasi über Nacht zur Action-Ikone. Sie zeigt darin körperliche Stärke, aber auch emotionale Verletzlichkeit – was sie in der Rolle so beeindruckend macht. Der Film wurde ein riesiger kommerzieller Erfolg, der auch Kritiker begeisterte und für viele Fans zu den besten aller Zeiten zählt.
Nach dem unerwarteten Megaerfolg von «Mad Max» setzte Charlize auf Nummer sicher und nahm die Rolle der Hightech-Terroristin Cipher in der Action-Filmreihe «Fast and Furious» an. Kurz darauf stürzte sie sich aber auf ein ambitioniertes Herzensprojekt: In der Comic-Verfilmung «Atomic Blonde», die sie auch produzierte, fightet sie sich als Geheimagentin Lorraine Broughton durch das Berlin der 80er-Jahre. Alle Stunts, koordiniert von «John Wick»-Regisseur David Leitch, drehte Theron selbst und gab dem Begriff «Kämpfen wie ein Mädchen» damit eine ganz neue Bedeutung. Eine minutenlange Prügelszene im Film geht wohl in die Geschichte des Action-Kinos ein. Davon wird es übrigens bald mehr geben: «Atomic Blonde 2» ist bereits in Planung.
(L'essentiel/Catharina Steiner)