InvestorenSpekulieren gegen den kranken Steve
Apple-Gründer Steve Jobs ist vom Krebs gezeichnet. Abgebrühte Spekulanten nehmen dies zum Anlass, mit seiner Krankheit Kasse zu machen.

Seit acht Jahren kämpft Apple-Gründer Steve Jobs gegen den Bauchspeicheldrüsenkrebs. Am 17. Januar dieses Jahres hat er eine weitere gesundheitsbedingte Auszeit genommen hat. Die Ärzte sehen die Wahrscheinlichkeit einer vollständigen Genesung massiv sinken.
Bilder eines von der Krankheit gezeichneten Steve Jobs mit einem schmerzstillenden Lutscher im Mund ermuntern Finanzakteure, gegen Apple zu wetten. Das Volumen mit Produkten, die einen Gewinn versprechen, sobald der Aktienkurs sinkt, schwoll an.
130 Prozent verdienen
Stribt Steve Jobs, würde dies die Aktie einbrechen lassen. Mit Hebel-Produkten können Investoren davon profitieren: Und zwar dann, wenn sie auf Put-Optionen setzen. So funktionierts: Wer jetzt zum Beispiel die Put-Option kauft, verdient nach einem Kurssturz der Apple-Aktie rund 130 Prozent. Der Hebel der betreffenden Option beträgt nämlich 13; das heißt: Eine Veränderung der Aktie um ein Prozent führt bei der Option zu einer Veränderung von plus oder minus 13 Prozent (Put- oder Call-Option).
Zu solchen Hebelprodukten greifen nicht nur Spekulanten, sondern auch konservative, vorsichtige Anleger, die ihre Apple-Aktien nicht verkaufen, sondern ihr Vermögen absichern möchten. Die Idee: Der Kurssturz der Aktie soll durch die überproportionale gegenteilige Bewegung der Put-Option wieder ausgeglichen werden.
Viel beachtetes Video über den Tod
Die Sensibilität auf die Krebserkrankung von Jobs ist hoch. Eine Rede des Apple-Gründers an der Universität Stanford, wurde in den vergangenen Wochen auf Youtube fünf Mal häufiger angeklickt als im Durchschnitt seit dem Hochladen. In diesem Video nimmt das Thema Tod einen prominenten Platz ein. «Der Tod ist die beste Erfindung des Lebens», so Steve Jobs in der im Jahr 2005 gehaltenen Rede. Das offizielle Video wurde über vier Millionen Mal heruntergeladen. In über 3500 Kommentaren äussern sich die Internetnutzer über die bemerkenswerte Biographie von Jobs – und über seine Krebserkrankung. Die Hälfte der Kommentare mit dem Thema Krebs wurde in den vergangenen zwei Monate abgegeben.
An der Apple-Telefonkonferenz anlässlich der Präsentation der Quartalszahlen von letzter Woche antwortete Timothy Cook, als Chief Operating Officer die rechte Hand von Steve Jobs, auf eine entsprechende Frage: «Steve Jobs ist immer noch beurlaubt. Wir sehen uns aber regelmäßig. Er ist weiterhin in die größeren strategischen Entscheidungen involviert. Und ich weiß, er will so früh wie möglich wieder Vollzeit arbeiten.» Dass dabei nur eine Hoffnung zum Ausdruck kommt, hat die Investoren beunruhigt.
«Ein Leben ohne Steve wird nicht mehr dasselbe sein»
«Ein Leben ohne Steve wird nicht mehr dasselbe sein», schreibt verzweifelt ein Kommentator auf Youtube. Dass Gedeih und Verderb eines Weltkonzerns nicht von einem einzigen Menschen abhängt, scheint zwar für die meisten Experten plausibel. Trotzdem: Bei Apple ist vieles ein bisschen anders. Apple ohne den charismatischen Mann mit dem schwarzen Rollkragenpullover wäre ein enormer Verlust. Technologie-Analyst Richard Windsor von der japanischen Bank Nomura: «Der Markt sieht Steve Jobs als treibende Größe für Apples strategische Ausrichtung.»
Trotz erdrückender Spekulationen, immerhin eine Statistik hat Steve Jobs bereits gewonnen: Nur 3 bis 25 Prozent (je nach Studie) der an Bauchspeichelkrebs erkrankten Menschen sind nach fünf Jahren nach Ausbruch noch am Leben. Und Steve Jobs hat seither bereits drei weitere Jahre gewonnen.
Hans Peter Arnold/L'essentiel Online