Luxemburg: Sportwetten – Zwischen Adrenalinkick und zerstörerischer Sucht

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LuxemburgSportwetten – Zwischen Adrenalinkick und zerstörerischer Sucht

LUXEMBURG – Sportwetten sind in vielen Ländern ein gesellschaftliches Phänomen, das Großherzogtum ist da keine Ausnahme. Vier Männer haben uns von ihren Erfahrungen berichtet.

von
Pascal Piatkowski
France, Guerande, 2021/06/14. A person playing sport bets while watching a football match of Euro 2020. Photograph by Baptiste Roman / Hans Lucas.
France, Guerande, 2021/06/14. Une personne jouant aux paris sportifs pendant un match de football de l'euro 2020. Photographie par Baptiste Roman / Hans Lucas.

Über Online-Portale ist mit ein paar Clicks schnell Geld gewonnen – oder verpufft.

Baptiste Roman

«Mit 18 habe ich mit Sportwetten angefangen – ein langsamer Abstieg in die Hölle», erzählt Alexandre*. Durch die Wetten habe er fast alles verloren: «Natürlich auch Geld, aber vor allem das Vertrauen meiner Familie.» Ganze Monatsgehälter habe er innerhalb weniger Minuten verprasst, Tausende Euro waren mit wenigen Klicks futsch. «An einem Tag verdiente ich 10.000, am nächsten verlor ich 15.000. Die Werbung im Fernsehen dafür ist verlogen.» Mit seiner Geschichte wolle er andere vor dem gleichen Fehler bewahren. Mit 25 habe er die Kurve gekriegt, aber ganz los wird er die schlaflosen Nächte und die düsteren Gedanken, die ihm lange Zeit das Leben schwer gemacht haben, noch nicht.

Ganz anders läuft die Sache – zumindest bisher – bei Paul. Zwar bezeichnet er die Wetten durchaus als eine Sucht, diese sei aber mehr auf den Adrenalinkick als auf mögliche Gewinne ausgerichtet. Sein Fazit fällt dabei positiv aus: «Ich spiele seit ungefähr drei Jahren und alles läuft gut. Ich habe ein gutes Gefühl und verdiene ziemlich viel Geld.» Mit einer Kombiwette auf etwa 20 Fußballspiele hat er nach eigenen Angaben vergangenen Sommer mehr als 12.000 Euro verdient. «Ich setze kleine Beträge und überweise systematisch 75 Prozent meiner Gewinne auf mein Bankkonto», so seine Strategie.

«Man denkt nur noch daran, wieder Geld zu gewinnen»

Auch Michael* hat seine Leidenschaft für Sportwetten und sein Vorgehen über die Jahre angepasst. Der Grenzgänger, der im Großherzogtum in der Versicherungsbranche arbeitet, wie er erzählt, habe auf Anraten seines Vorgesetzten angefangen zu spielen: «Er hat mir gesagt, dass er damit Geld verdient, also habe ich es ihm nachgemacht». Monatlich gebe er etwa 1000 Euro aus. «Bis 2020 war ich deutlich im Minus, seitdem ist es in etwa ausgeglichen. Ich kenne inzwischen die Grenze, die ich nicht überschreiten darf.» Seinen Angaben nach spielt Michael über Online-Wettportale, aber auch an Verkaufsstellen. Sein letzter großer Wurf: 500 gesetzte Euro auf Mbappé, der im Finale der Fußball-Weltmeisterschaft ein Tor schoss. Damit habe er einen Gewinn von 1000 Euro gemacht.

Setzt du Geld bei Sportwetten?

John* manövrierten seine Sportwetten in eine Abwärtsspirale, die ihn bis zum Therapeuten brachte. Schon mit 17 habe er zu spielen angefangen, erzählt er. Zuerst in Cafés, dann über Online-Apps. «Eine Katastrophe, ich verlor manchmal 1000 Euro an einem einzigen Tag. Ich wusste nicht, wie ich den Monat überstehen sollte. Es ist wie eine Droge, man denkt nur noch daran, wieder Geld zu gewinnen. Man kann nicht mehr schlafen.» Vier Jahre habe ihn die Sucht begleitet, bis er sich entschloss zum Therapeuten zu gehen. «Er sagte mir: ‹Es ist unmöglich, ganz aufzuhören, Sie müssen sich anpassen.› Das hat mich gekränkt und ich habe ihm gezeigt, dass er sich geirrt hat.»

*Namen geändert

Loterie Nationale mischt mit

Das Feld der Sportwetten zu beziffern, ist schwer, doch gewinnt es in Luxemburg wie auch anderswo immer mehr an Bedeutung. Ein lukrativer Markt, der auch für die Loterie Nationale im Großherzogtum von Interesse ist. Der staatliche Wettanbieter hat bereits rund 20 seiner 450 Verkaufsstellen im Land mit sogenannten Oddset-Terminals für klassische Wetten vor dem Spiel ausgestattet. Seit einiger Zeit testet er auch Live-Wettterminals. «Wenn die Rückmeldungen gut sind, werden wir wahrscheinlich auch ein Online-Angebot entwickeln», sagt Xavier Feller, Marketingdirektor bei der Loterie Nationale.

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