Stadtgeschichte Tante oder Teufelsweib? Geschichten um die «Gëlle Fra»
LUXEMBURG – Die «Goldene Frau» von Luxemburg ist am 27. Mai 1923, also morgen vor hundert Jahren, offiziell eingeweiht worden. Nach ihrer Enthüllung brachte sie so manchen Zeitgenossen in Wallung.
- von
- Olivier Loyens

In der Anfangszeit provozierte die Gëlle Fra manche Zeitgenossen durch ihre weiblichen Formen.
2015 hat der Historiker Jean Wildschütz behauptet, zu wissen, wer die Frau war, die dem Bildhauer Claus Cito für die «Gëlle Fra» Modell gestanden hat. Ihm zufolge soll es sich um die Frau des Bäckers handeln, dessen Wohnhaus sich damals direkt gegenüber der Werkstatt des Bildhauers in Niederkerschen befand. Damit wäre es eine Person, die der Lokalhistoriker selbst gut kannte, denn die am 2. September 1897 geborene Suzanne Marx-Wildschütz war seine Tante.
Von dieser These hält der Historiker Jean Reitz, Mitautor des Buches «Claus Cito (1882-1965): Eine luxemburgische Bildhauerkarriere», hingegen gar nichts. Seiner Ansicht nach stimmen die Fotos von Suzanne Marx-Wildschütz mit der «Gëlle Fra» nicht überein. Claus Cito habe für seine Skulptur in Luxemburg vielmehr ein Kopfmodell wiederverwendet, das er zuvor für ein Denkmal in Brüssel geschaffen hatte.
Kanntest Du diese Anekdoten über die «Gëlle Fra»?
Dr. Sandra Camarda, Historikerin an der Universität Luxemburg, hat der «Gëlle Fra» in ihrem Buch «À nos braves: les monuments aux legionnaires luxembourgeois entre conflit et réconciliation» ein ganzes Kapitel gewidmet. Darin berichtet sie unter anderem, dass die Statue kurz nach ihrer Enthüllung in der Presse kritisiert worden sei.
So habe eine Zeitung die «aufreizenden Formen» angeprangert. Von einer «ethischen Abscheulichkeit dieser unsäglichen Nacktheitsfigur» sei die Rede gewesen. Einem städtischen Mythos zufolge seien die Schüler des nahegelegenen Athenäums davon abgehalten worden, unter der Statue hindurchzugehen, da man befürchtete, die wissbegierigen Schuljungen könnten durch ihre üppigen Formen verdorben werden.
Im Mai 1955 seien die verschiedenen Teile der «Gëlle Fra» im Rahmen der «Semaine de la Résistance» gezeigt worden, schreibt das Luxembourg City Tourist Office auf seiner Internetseite. Danach seien die einzelnen Teile der Statue für lange Zeit unauffindbar gewesen.
Im Januar 1980 hätten dann zwei Beamte der Stadt Luxemburg die «Gëlle Fra» unter den Tribünen des Josy-Barthel-Stadions wiedergefunden, so das Tourismusbüro. Im Dezember 1984 sei auf Wunsch der Regierung mit der Rekonstruktion der Statue begonnen worden, die im Mai 1985 schließlich wieder an ihrem Platz auf dem Obelisken auf der Place de la Constitution aufgestellt worden sei.
Heute erinnert das Denkmal an die Gefallenen des Ersten und Zweiten Weltkrieges sowie an gefallene Luxemburger des Koreakrieges. Die «Gëlle Fra» ist das nationale Symbol für Freiheit und Widerstand des Luxemburger Volkes.
Kurze Geschichte der «Gëlle Fra» in Zahlen
•14. Februar 1920: Entwurf wird fertiggestellt.
•Dezember 1921: Der Aufbau des Denkmals beginnt.
•27. Mai 1923: Offizielle Einweihung.
•21. Oktober 1940: Zerstörung des Denkmals.
•1944: Wiederaufbau des Sockels.
•1980-1984: Die lange verschwundene Statue wird wiedergefunden und neu aufgebaut.
•2001: Eine «schwangere» Version mit dem Titel «Lady Rosa Of Luxembourg» wird in der Hauptstadt ausgestellt.
•2010: Reise zur Weltausstellung nach Shanghai, VR China.
•2010-2011: Ausstellung in Niederkerschen und Rückkehr in die Hauptstadt (siehe unten)
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