Luxemburg – Tornado-Opfer Marie kämpft sich zurück ins Leben

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LuxemburgTornado-Opfer Marie kämpft sich zurück ins Leben

NIEDERKERSCHEN – Der Tornado hat das Leben vieler Menschen auf den Kopf gestellt. «L'essentiel» hat eine Frau getroffen, die davon träumt, wieder gehen zu können.

Der 9. August 2019 hat das Leben vieler Menschen in Luxemburg durcheinander gewirbelt. Aber was Marie Schuster-Goerres aus Ehleringen erleben musste, lässt die zahlreichen Sachschäden in einem anderen Licht erscheinen. «Wenn ich die Augen zu mache, dann sehe ich vor mir, wie alles durch die Luft fliegt», erzählt die 65-Jährige: «Das Trauma geht nicht weg.»

Die ehemalige Direktionssekretärin im Transportministerium ist eine von zwei Menschen, die beim Tornado so schwer verletzt wurden, dass sie länger im Krankenhaus bleiben mussten. Am Tag, der ihr Leben verändern sollte, war die Witwe mit dem Bus zum Einkaufen in Niederkerschen. Auf dem Rückweg traf sie der Tornado.

Sie wartete gerade an der Bushaltestelle «Sicon», als sie einen lauten Knall hörte. Aus Reflex riss sie die Hände vor das Gesicht, «und plötzlich flog ich samt Wartehäuschen durch die Luft». Marie prallte mit dem Bein gegen eine Gartenmauer, dabei zerschmetterte ihr rechter Unterschenkel – ein offener Bruch. Die Glasscherben der Bushaltestelle durchtrennten die Sehnen ihrer linken Hand und schnitten ihr linkes Bein auf.

«Das war die Hölle»

Nachdem der Tornado sich verzogen hatte, wartete sie auf Hilfe. Aber die Ersten, die die verletzte Rentnerin fanden, kamen nicht, um zu helfen, sondern sie raubten die wehrlose Frau aus. Ausweis, persönliche Gegenstände – alles war weg. «Beim Wegrennen riefen sie noch 'danke'!», erzählt Marie kopfschüttelnd im Interview mit L'essentiel.

Hilfe bekam Marie dann von den Einsatzkräften des CGDIS. Die Feuerwehrleute trösteten und beruhigten sie: «Sie müssen Geduld haben, der Arzt ist auf dem Weg, aber er kommt wegen der umgestürzten Bäume nicht durch.» Anderthalb Stunden lang wechselten sich die Retter laut eines Feuerwehrsprechers ab, bevor die Rentnerin ins Krankenhaus gebracht werden konnte. «Das war die Hölle», beschreibt Marie Schuster-Goerres die Situation. Im Escher Krankenhaus operierten die Ärzte sie bis in die frühen Morgenstunden und setzten ihr eine Metallstange ein. Sie stützen die 26 Trümmerfragmente des Unterschenkels seither.

«Ich mache das Maximum»

Seit dem 26. August kämpft die 65-Jährige sich unter Schmerzen im Rehazentrum des Chem in Düdelingen zurück in ihr altes Leben. «Vor allem nachts, wenn die Plastik-Schiene um das gebrochene Bein abgenommen wird, sind die Schmerzen besonders schlimm», sagt sie. Jeden Tag trainiert die Rentnerin sieben Stunden, damit sie bald wieder gehen kann. Viele Dinge, die vor dem 9. August selbstverständlich für sie waren, wird die Frau so nicht mehr tun können: Einkaufen, Aerobic, Aqua-Gym und Tai-Chi.

Am gestrigen Mittwoch wurde Marie Schuster-Goerres aus dem Chem entlassen. Sie will weiterkämpfen: «Ich mache das Maximum, was ich kann.» Fortschritte sind zu erkennen, aber der Weg ist noch lang.

(Lucas Hochstein/L'essentiel)

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