Anthony ScaramucciTrumps Neuer war einst für Obama
Anthony Scaramucci hatte Donald Trump den «Erbgeld-Heini aus Queens» genannt. Jetzt ist er dessen Kommunikationschef.

Sie kommen beide aus New York, sie lieben das Tempo der Stadt und deren Lebensstil. Doch Donald Trumps neuer Kommunikationsdirektor hat es seinem neuen Chef nicht immer leicht gemacht.
Anthony Scaramucci war der einzige Trump-Anhänger auf weiter Flur. Doch der 53-Jährige machte sich nichts aus der feindseligen Stimmung und den scharfen Fragen des Fernsehmoderators Joe Scarborough. Stattdessen verwies er vor Unterstützern des Trump-Kritikers Mitt Romney in einem Luxushotel auf seine Wurzeln in der New Yorker Arbeiterschaft, um zu erklären, was US-Präsident Donald Trump so anziehend mache.
Sie nannten ihn den Schnorrer
«Er hat Donald Trumps Geschichte besser erzählt als jeder andere, den ich gehört habe», sagt Romney-Anhänger Spencer Zwick über die Veranstaltung im Juni. «Hat er bei irgendwem die Meinung geändert? – Wahrscheinlich hat er das.»
Seit Freitag nun ist Scaramucci Trumps Kommunikationsdirektor im Weißen Haus. Das heißt, der Mann, den sie an der New Yorker Wall Street den Schnorrer nannten, muss sich inmitten sinkender Zustimmungsraten und fortschreitender Ermittlungen zur Russlandaffäre eine Strategie einfallen lassen, die seinen neuen Chef wieder in die Offensive bringt.
Spicer hält nichts von seinem Nachfolger
An seinem Erfolg hegt manch einer Zweifel. Denn so leidenschaftlich Scaramucci Trump in den vergangenen Monaten auch verteidigt hat, er ist wohl einer der unerfahrensten Kommunikationschefs, die die US-Regierungszentrale seit Jahren gesehen hat. Trumps Pressesprecher Sean Spicer hielt Scaramucci nach Angaben aus dem Weißen Haus für so wenig qualifiziert, dass er wegen dessen Ernennung seinen Rücktritt ankündigte. Auch hat ihm die ganze Richtung der Pressearbeit nicht gepasst, die mit Scaramuccis Ernennung verbunden ist.
Der neue Kommunikationsdirektor kommt direkt von der Wall Street, wo er sich als Hedge-Fonds-Manager einen Namen gemacht hat und auch mit Trump in Kontakt kam. Diejenigen, die ihn kennen, beschreiben Scaramucci weniger als politischen Agenten, sondern vielmehr als einen schnell denkenden Unternehmer, der Freunden Vergünstigungen verschafft – etwa begehrte Eintrittskarten.
Spenden für Obama gesammelt
Scaramucci ist in Long Island aufgewachsen, seine Eltern seien nie auf ein College gegangen, sagte er jüngst in einem Interview. Als Kind verdiente er sich Geld mit Schneeschaufeln und als Zeitungsjunge. Nach einem Harvard-Abschluss heuerte er an der Börse an, arbeitete für Lehman Brothers und Goldman Sachs, bevor er seine eigene Firma gründete. SkyBridge Capital verwaltete mehr als elf Milliarden Dollar, als Scaramucci den Hedgefonds Ende vergangenen Jahres verkaufte. Ganz abgewickelt ist das Geschäft noch nicht.
An der Wall Street kam Scaramucci auch mit Trump zusammen. Damals waren beide noch Demokraten. Scaramucci sammelte Spenden für Präsident Barack Obama, bevor er aus Ärger über dessen Politik gegenüber den Börsen zu den Republikanern überlief. Dort stieß er allerdings auch nicht sofort zu seinem Überläufer-Kollegen Trump.
«Ich werde nicht die Seiten wechseln»
Stattdessen unterstützte er Wisconsins Gouverneur Scott Walker bei dessen Präsidentschaftsbewerbung für 2016 und tat sich als scharfzüngiger Kritiker seines heutigen Chefs hervor. Trump sei ein politischer Mitläufer, höhnte er damals und nannte den Baulöwen einen «Erbgeld-Heini aus Queens».
Trump versuchte, Scaramucci abzuwerben. Walkers damaliger Wahlkampfmanager Rick Wiley erinnert sich, dass Scaramucci angerufen, ihm von Trumps Angebot erzählt und versichert habe, es nicht anzunehmen. «Du hat mein Wort: ich werde nicht die Seiten wechseln», habe Scaramucci versprochen und sei geblieben, bis Walker das Handtuch warf.
Freund von Jared Kushner
Auch danach war Scaramucci für Trump nicht zuhaben, sondern machte Wahlkampf für Floridas Ex-Gouverneur Jeb Bush. Erst als Trump die Nominierung der Republikaner nicht mehr zu nehmen war, stieß Scaramucci zu dessen Team. Dort wurde er ein enger Freund vom Trumps Schwiegersohn Jared Kushner. Auch mit Trump selbst kam er immer besser zurecht. Der Präsident sei ein Fan von Scaramuccis Fernsehauftritten, heißt es.
Nichtsdestotrotz bleibt unklar, welche Strategie der kaum erfahrene Kommunikationsdirektor verfolgen wird. Er habe mit Trump gerade erst über das weitere Vorgehen geredet, sagte Scaramucci am Freitag. Der Präsident habe einen der besten politischen Instinkte der Welt, vielleicht sogar der Geschichte.
Luftkuss bei erstem Auftritt
«Wir sprachen darüber, ihn er selbst sein zu lassen, ihn sich in seiner ganzen Persönlichkeit ausdrücken zu lassen», sagte Scaramucci, um dann wieder auf seine eigenen Wurzeln zu sprechen zu kommen: «Die Leute, mit denen ich aufgewachsen bin, die identifizieren sich so mit dem Präsidenten und sie lieben ihn.» Diese Botschaft werde er verbreiten.
Seinen ersten Presseauftritt im neuen Amt beendete der 53-Jährige mit einem Luftkuss. «Er hat die New Yorker Art, das New Yorker Tempo, das der Präsident mag und das er gewohnt ist», sagt Trumps früherer Berater Barry Bennet.
(L'essentiel/chi)