Präsident geflüchtetUmsturz in Zentralafrika
Gewaltsamer Umsturz in Zentralafrika: Wenige Stunden nach ihrem Vorstoß in die Hauptstadt drangen Rebellen in den Präsidentenpalast ein.

Die Rebellen sollen den im Land stationierten südafrikanischen Truppen schwere Verluste zugefügt haben.
Dreieinhalb Monate nach dem Beginn ihrer Offensive haben die Rebellen in der Zentralafrikanischen Republik die Hauptstadt Bangui unter ihre Kontrolle gebracht. Die Kämpfer der Séléka stürmten am Sonntagmorgen den Präsidentenpalast. «Die Rebellen kontrollieren die Stadt», sagte ein Sprecher Bozizés. Er hoffe, dass es nicht zu Vergeltungsaktionen komme.
Staatschef Bozizé sei «nicht dagewesen», hieß es von Seiten der Rebellen. Bozizé habe «in einem Helikopter des nationale Territorium verlassen», hieß es aus informierten Kreisen in Bangui.
Unklar war jedoch, wohin sich der 66-jährige Bozizé abgesetzt haben könnte. Berichte, wonach er in die Demokratische Republik Kongo oder nach Kongo-Brazzaville geflohen sei, wurden von den dortigen Behörden dementiert.
Frankreichs Außenminister Laurent Fabius bestätigte ebenfalls die Flucht Bozizés, ohne aber nähere Angaben zu machen. Gleichzeitig rief Fabius die Konfliktparteien in der Zentralafrikanischen Republik zu «größter Zurückhaltung» auf.
Südafrikanische Soldaten getötet
Bei ihrem Vormarsch auf das Stadtzentrum durchbrachen die Rebellen nach Darstellung ihres Sprechers eine Linie südafrikanischer Soldaten. Sie hätten auf der Seite der Regierungstruppen gekämpft, verlautete aus Kreisen der Friedenstruppe.
Ein Informant bei der UNO in Bangui sagte, die Südafrikaner hätten schwere Verluste erlitten und Frankreich um Unterstützung gebeten. Ein Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters berichtete von mindestens sechs toten südafrikanischen Soldaten.
Plünderungen
Ein in Paris ansässiger Sprecher der Séléka-Rebellen sagte, die Aufständischen verteilten sich derzeit auf die gesamte Hauptstadt, um die Sicherheit zu gewährleisten und Plünderungen zu verhindern.
Augenzeugen berichteten jedoch von zahlreichen Plünderungen in Bangui. Kriminelle, aber auch Rebellen und Ordnungskräfte beteiligten sich demnach an den Beutezügen durch Geschäfte und Privathäuser.
«Wir haben Angst. Ich gehe nicht mehr raus, ich bleibe im Haus», sagte ein Einwohner im Stadtzentrum, Nicaise Kabissou, der Nachrichtenagentur AFP am Telefon.
Verschärft wurde die Lage in der Stadt zudem durch einen Stromausfall am Samstagabend. Der Stromausfall betreffe das gesamte Stadtgebiet, sagten Einwohner. Zwar gibt es in Bangui häufig begrenzte Stromausfälle, doch könnte in diesem Fall auch der Machtkampf im Land ein Grund sein.
IKRK-Appell
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) appellierte am Sonntag an die Konfliktparteien, die Zivilbevölkerung sowie Verletzte zu verschonen. Es sei zu Plünderungen gekommen, hieß es in einer IKRK-Mitteilung. Der Privatbesitz sei zu respektieren, forderte das IKRK.
Die Situation der medizinischen Versorgung sei schwierig, einerseits wegen der großen Zahl Verletzter, andererseits wegen den häufigen Stromunterbrüchen.
Offensive unterbrochen
Die Rebellen hatten sich im Dezember im Norden des Landes gegen die Regierung erhoben. Unter internationalem Druck hatten sie ihre Offensive im Januar zunächst 75 Kilometer vor Bangui eingestellt. Am 11. Januar wurde in Gabuns Hauptstadt Libreville ein Friedensvertrag unterzeichnet.
Später warfen die Rebellen dem Bozizé-Clan jedoch vor, die Vereinbarungen gebrochen zu haben und ihre Kämpfer nicht in die Armee integriert zu haben. Die Rebellen hatten ihre Offensive am Freitag fortgesetzt, die zur Flucht Bozizés führte. Dieser hatte sich 2003 an die Macht geputscht.
Frankreich will Truppen aufstocken
Nach dem Einmarsch französischer Soldaten in Mali stockt Frankreich nun auch seine Truppen in der Zentralafrikanischen Republik auf. Dies geschehe zum Schutz der französischen Staatsbürger, teilte das Präsidialamt am Sonntag mit. Details zur Aufstockung der Streitkräfte gibt es bisher nicht.
Derzeit sind rund 250 französische Soldaten in dem Land stationiert. Diplomatischen Kreisen zufolge sind weitere 150 Soldaten bereits auf dem Weg nach Zentralafrika, um den internationalen Flughafen in Bangui zu schützen.
Andere Zahlen vermeldet die Nachrichtenagentur AFP. Seit Samstag seien 350 zusätzliche Soldaten eingetroffen, will sie aus informierten Kreisen in Paris erfahren haben. Insgesamt seien damit knapp 600 französische Soldaten in dem Krisenland, wo rund 1200 Franzosen leben, stationiert.
Frankreich ist militärisch bereits stark in der Region engagiert. Im Januar hatte das Land in Mali eine Boden- und Luftoffensive gegen die Islamisten gestartet, die zwei Drittel des Landes unter ihre Kontrolle gebracht hatten. An dem Einsatz sind rund 4000 Soldaten beteiligt.
(L'essentiel Online/rey/sda)