CHOLERA IN HAITIUNO-Fäkalien schuld an Epidemie?
Erstmals hat eine wissenschaftliche Untersuchung UNO-Blauhelmsoldaten aus Nepal mit dem Ausbruch der Cholera in Haiti in Verbindung gebracht. Die UNO wiegelt ab.

Gerüchte, wonach der Erreger von den Nepalesischen Blauhelmen stammte, haben zu gewaltsamen Protesten gegen Vertreter der UNO-Friedensmission geführt.
Der bisher unveröffentlichte Bericht des Franzosen Renaud Piarroux, der die Epidemie im Auftrag der haitianischen und französischen Regierung untersuchte, lag der Nachrichtenagentur AP am Dienstag vor. Piarroux kommt darin zu dem Schluss, dass die Seuche sehr wahrscheinlich ihren Ursprung in kontaminiertem Wasser hatte, das aus einem Stützpunkt nepalesischer Blauhelme in der Nähe der Stadt Mirebalais austrat.
Über 2 000 Tote
Eine grosse Menge Fäkalien sei wahrscheinlich vom nepalesischen Lager auf einen Schlag in den Fluss Artibonite gelangt und habe diesen mit den Krankheitserregern verseucht. Das sei die logischste Erklärung. In den sieben Wochen seit Ausbruch der Krankheit sind bereits über 2 100 Menschen gestorben und über 90 000 Menschen an Cholera erkrankt, wie das haitianische Gesundheitsministerium am Montagabend mitteilte.
Gemäss UNO könnte die Zahl der Toten und Infizierten sogar doppelt so hoch sein. Internationale Gesundheitsexperten rechnen zudem damit, dass sich in den kommenden zwölf Monaten bis zu 400 000 Menschen mit Cholera infizieren könnten. Die ersten Cholera-Fälle waren Mitte Oktober entlang des Artibonite aufgetreten.
UNO leitet Untersuchung ein
Gerüchte, wonach der Erreger von den Nepalesen stammte, hatten Mitte November zu gewaltsamen Protesten gegen Vertreter der UNO-Friedensmission (Minustah) geführt. Dabei starben mindestens drei Menschen. Das französische Aussenministerium übergab den Expertenbericht der UNO, die nun eine Untersuchung einleitete.
Die UNO-Mission gab sich zurückhaltend: «Wir haben den Bericht nicht zurückgewiesen, aber auch nicht vollständig akzeptiert», sagte ihr Sprecher Vincenzo Pugliese gegenüber CNN. «Wir bleiben für eine Untersuchung offen und werden der Sache auf den Grund gehen.» Die nepalesische Armee verurteilte den Bericht am Mittwoch scharf. Er enthalte «keine eindeutigen Beweise oder Fakten», sagte ein Sprecher der Nachrichtenagentur AFP.
«Alle 30 Minuten stirbt ein Mensch in Haiti»
Ärzte der UNO-Mission hatten die Latrinen im nepalesischen Stützpunkt am 21. Oktober untersucht, aber keine Spuren von Cholera gefunden. Man könne jedoch «unmöglich wissen, ob die Tanks und Röhren zuvor desinfiziert wurden», schrieb Renaud Piarroux in seinem Bericht. Stefano Zannini, der Leiter der Haiti-Mission von Médécins sans Frontières, rückte gegenüber CNN jedoch die Relationen zurecht: «Alle 30 Minuten stirbt ein Mensch in Haiti. Die Ursache der Epidemie zu kennen hat keinen Einfluss auf die Rettung von Leben.»
20min.ch