Gewalt im Sudan: «Viele Kinder sind ins Kreuzfeuer geraten» 

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Gewalt im Sudan«Viele Kinder sind ins Kreuzfeuer geraten» 

Wegen der Kämpfe im Sudan sind Touristen, Einheimische und NGO-Mitarbeitende zwischen die Fronten geraten. Sie sitzen ohne Wasser fest, während das Essen ausgeht. Milizen positionieren sich derweil gezielt in den Wohnvierteln. 

Ann Guenter
Christina Pirskanen
von
Ann Guenter
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Christina Pirskanen
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Der Kampf zwischen den Soldaten der sudanesischen Armee (im Bild) und den Milizen der RSF findet mitten in den Wohnquartieren der Hauptstadt statt. 

Der Kampf zwischen den Soldaten der sudanesischen Armee (im Bild) und den Milizen der RSF findet mitten in den Wohnquartieren der Hauptstadt statt. 

Bakri Jad via REUTERS
«Die RSF haben ihre Fahrzeuge und Kämpfer inzwischen gezielt in den Wohnvierteln positioniert. Sie versuchen, die Bevölkerung als Schutzschild zu missbrauchen», sagt eine Sudanesin dem deutschen «Spiegel». 

«Die RSF haben ihre Fahrzeuge und Kämpfer inzwischen gezielt in den Wohnvierteln positioniert. Sie versuchen, die Bevölkerung als Schutzschild zu missbrauchen», sagt eine Sudanesin dem deutschen «Spiegel». 

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Sie verschanzen sich seit Tagen in einem Hotel: Das Frankfurter Ehepaar Schauer. 

Sie verschanzen sich seit Tagen in einem Hotel: Das Frankfurter Ehepaar Schauer. 

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Die sudanesische Hauptstadt wird derzeit von schweren Häuserkämpfen erschüttert (wieso, kannst du hier nachlesen). Mitten drin: ein deutsches Ehepaar aus Frankfurt. Seit vier Tagen verstecken sich Horst Schauer und seine Ehefrau Mareike Röwekamp in einem Hotel – gefangen zwischen den Fronten der Soldaten der regulären Armee und den Milizen der Rapid Support Forces-Gruppierung (RSF).

«Am Freitag sind wir noch durch Khartum gelaufen und dachten, dass doch alles friedlich ist», sagt Schauer dem deutschen «Stern». Am Samstag aber brach die Hölle los. So hatten sich die deutschen Extremsportler das nicht vorgestellt. Sie wollten Afrika und seine Kultur zu Fuß erkunden. Nun sind sie von der Außenwelt abgeschnitten. Sie haben kaum Strom und kein fließendes Wasser. «Wir haben überhaupt keinen Überblick, wann das aufhört.»

Auch Shadin Alfadil hat ihr Haus wegen der Kämpfe seit Tagen nicht mehr verlassen. Ihr geht langsam, aber sicher das Essen aus. «Ich glaube nicht, dass irgendjemand genug Lebensmittel zu Hause hat, das alles passierte ja ohne jede Vorwarnung», sagt sie dem deutschen «Spiegel».  

Gerade sei Ramadan, wo die Menschen nur einmal am Tag essen würden. «Deshalb haben die Leute wenig Essen gelagert.» Sie schildert, wie Menschen auf den Straßen erschossen würden. «Das Schießen wird immer wahlloser», sagt die Sudanesin. «Die RSF haben ihre Fahrzeuge und Kämpfer inzwischen gezielt in den Wohnvierteln positioniert. Sie versuchen, die Bevölkerung als Schutzschild zu missbrauchen.»

«Kinder haben sehr schwere Verletzungen» 

Wie schlimm die Lage nicht nur in der sudanesischen Hauptstadt ist, zeigen auch die alarmierenden Berichte von Hilfsorganisationen. Cyrus Paye, Projektkoordinator von «Ärzte ohne Grenzen» (MSF) berichtet aus der Hauptstadt Al Faschir im Bundesstaat Nord-Dafur im Westen des Landes. «Die meisten Verwundeten sind Zivilistinnen und Zivilisten, unter ihnen viele Kinder, die ins Kreuzfeuer geraten sind. Sie haben sehr schwere Verletzungen.» 

Außer dem MSF-Krankenhaus hätten alle anderen Krankenhäuser schließen müssen, «entweder weil sie sich in der Nähe der Kämpfe befinden oder das Personal wegen der Gewalt nicht in die Einrichtungen gelangen kann.» Dies bedeute, dass sie die Patientinnen und Patienten nicht für eine Behandlung überweisen könnten. Auch deswegen seien allein in den ersten 48 Stunden des Konflikts elf Menschen an ihren Verletzungen gestorben.

Keine Blutkonserven, Plünderungen

Auch die Versorgungslage spitzt sich immer weiter zu: «Es gibt keine Medikamente und keine Blutkonserven mehr», sagt Paye. «Außerdem ist seit Beginn der Kämpfe der Strom in Al Faschir ausgefallen und auch der Treibstoff für den Generator des Krankenhauses wird knapp.» Das Operationsteam habe eine Liste mit dringend benötigtem chirurgischem Material erstellt, das nun durch einen sicheren Korridor mit Krankenwagen der Organisation ins Krankenhaus transportiert werden solle. 

Auch der Flughafen ist seit letztem Samstag geschlossen. «Es ist wichtig, dass er wieder geöffnet wird, damit wir zusätzliche medizinische Hilfsgüter und möglicherweise ein Team von Chirurginnen und Chirurgen zur Unterstützung hinbringen können. Ohne diese lebenswichtigen Hilfsgüter wird es weitere Todesopfer geben», sagt Paye.

Auch in anderen Teilen des Landes stehen die MSF-Teams vor großen Herausforderungen. «Unsere Räumlichkeiten in Nyala, in Süd-Darfur, wurden geplündert – einschließlich eines der Lagerhäuser», so Paye.
In Khartum seien die meisten Teams aufgrund der anhaltenden schweren Kämpfe eingeschlossen. Selbst Krankenwagen würden nicht durchgelassen, um die Toten von den Straßen zu bergen oder die Verletzten ins Krankenhaus zu bringen.

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