«Je suis Charlie» – der FilmWährend Attentat lag sein Hund auf seinem Gesicht
Der Film «Je suis Charlie» gedenkt der Opfer des Attentats auf die «Charlie Hebdo»-Redaktion. Überlebende geben eindrucksvolle Einblicke.

11. Januar 2015: In Paris gehen nach dem Attentat auf die Redaktion «Charlie Hedbdo» zwei Millionen Menschen auf die Straße: Mit der eingefangenen Stimmung zwischen Trotz und Trauer, zwischen Betroffenheit und Wut beginnt der Dokumentarfilm «Je suis Charlie».
Der Film zeichnet das Attentat vom 7. Januar 2015 nach, bei dem islamistische Extremisten fast die gesamte Redaktion des Satiremagazins ausradierten: Herausgeber Stéphane «Charb» Charbonnier, die Zeichner Jean «Cabu» Cabut, Bernard «Tignous» Verlhac, Philippe Honoré und Georges Wolinski, den Journalisten Bernard Maris, die jüdische Kolumnistin Elsa Cayat, den Lektor Mustapha Ourrad sowie zwei Polizisten – sie starben im Kugelhagel mitten in Paris. Der Film ist eine Hommage an sie. Immer wieder sind diese Toten im rund zweistündigen Dok zu sehen, sei es während der Arbeit auf der Redaktion oder singend und Wein trinkend bei privaten Festen. Das geht ans Herz.
Hund legte sich auf schützend aufs Gesicht
Spätestens wenn sie über ihr Magazin, ihre Arbeit und Überzeugungen sprechen, macht einem der Film unangenehm bewusst: Das Attentat läutete das Terrorjahr 2015 ein und verblasste angesichts der nicht enden wollenden weltweiten Terrorattacken dennoch. Die interviewten Überlebenden hingegen sorgen dafür, dass die Ereignisse um den 7. Januar schnell wieder fassbar werden: Eindrucksvoll sind die scheuen Schilderungen der Zeichnerin Corinne Rey, genannt Coco. Sie war von den Attentätern unter Waffengewalt gezwungen worden, die Türen zur Redaktion zu öffnen. Sie wurde verschont, ihre Kollegen und Freunde starben. Diese Schuld und «innere Zerrissenheit» werden die Frau ein Leben lang begleiten.
Auch wenn der damalige Finanzdirektor des Magazins, Eric Portheault, davon erzählt, wie er während der Schussabgaben unter sein Pult kroch und sein Hund sich schützend auf sein Gesicht gelegt habe, wird klar: Dieser Mann wird nie vergessen.
Grausamer Kreisschluss
Gedreht haben den Dokumentarfilm «Je suis Charlie» Daniel Leconte und sein Sohn Emmanuel. Dass sie mit dem Magazin eng verbunden sind, lässt sich nicht nur aufgrund der liebevollen Porträts der «Charlie Hebdo»-Macher erahnen. Daniel Leconte war mit seiner Kamera auch 2007 dabei, als islamische Organisationen «Charlie Hebdo» wegen «öffentlicher Beleidigung» verklagten, nachdem das Magazin «aus Solidarität» die Mohammed-Karikaturen einer dänischer Zeitung veröffentlicht hatte. In einem aufsehenerregenden Prozess wurden die Satiriker unter Verweis auf die Pressefreiheit freigesprochen. «Hätte die französische Presse 2007 die Mohammed-Karikatur auch gezeigt, müssten wir heute vielleicht nicht um die Zeichner von ‹Charlie Hebdo› trauern», heißt es in dem Dokfilm dazu.
Die Diskussion über die Freiheit der Satire wird in «Je suis Charlie» so eher emotional als analytisch geführt. Offensichtlich steht für die Filmer – und für die «Charlie Hebdo»-Macher sowieso – fest: Satire darf alles. Das Attentat vom 13. November, ein grausamer Kreisschluss für Paris, dürfte sie in dieser Haltung weiter bestärkt haben.
(L'essentiel/Ann Guenter)
Eric Portheault, damaliger Finanzdirektor von «Charlie Hebdo», überlebte das Attentat. Er kroch während der Schussabgaben unter sein Pult, sein Hund legte sich schützend auf sein Gesicht. (Bild: AFP)
Der Dokumentarfilm «Je suis Charlie» von Daniel und Emmanuel Leconte läuft am 7. Januar, dem Jahrestag des Attentates auf die Redaktion von «Charlie Hebdo», in den Kinos in Deutschland an. In Luxemburg lief der Film bereits im Dezember.